Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)

Rezensionen 447 riert, - gewiß in Übereinstimmung mit einem großen Teil (zumal der früheren) Historiographie, doch sind dies alles Verkürzungen, die insofern System haben, als sie Ausfluß der Einstellung des Autors sind, der sich einerseits nicht scheut, lange Zitate zur Illustrierung zu verwenden (so sind Heines Schlesische Weber [S. 222f] in extenso abgedruckt), anderseits aber Zentrales wegkürzt, so wie bei Moltkes Zitat über Preußens Gründe für den Krieg von 1866, das zwar vier Zeilen einnimmt (S. 783), aber unterschlägt, welch „ideales Gut“ (N. schreibt „ideelles“) Moltke meinte und aussprach: nämlich „Machtstellung“ ... Michael Derndarsky (Klagenfurt) Felix Becker Die Hansestädte und Mexiko. Handelspolitik, Verträge und Handel, 1821-1867 (Acta Humboldtiana, hg. im Namen der Deutschen Ibero-Amerika-Stiftung von Wolfgang Haberland, 9). Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1984. IX, 126 S. Diese sehr sorgfältige Untersuchung der Handelsbeziehungen zwischen den Hansestädten und Mexiko stellt eine wichtige Bereicherung der deutschspra­chigen Mexicana-Literatur dar. Die zeitlichen Grenzen ergeben sich beinahe zwangsläufig: 1821 wurde Mexiko von Spanien unabhängig; 1867 ist nicht nur wegen des Endes des maximilianeischen Kaiserreiches eine wichtige Zäsur in der mexikanischen Geschichte, sondern hier vor allem von Bedeutung, weil fast gleichzeitig (in Folge des deutsch-deutschen Krieges von 1866) die bisheri­ge außenpolitische Handlungsfreiheit der Hansestädte (oder besser: Hanse­staaten?!) aufhörte. Nach einem kurzen historischen Überblick über deutsche (und vor allem hanseatische) Handelskontakte mit dem spanischen Kolonialreich in Meso­amerika vor 1821 (die zwar in der Regel illegal waren, aber dennoch existier­ten) geht der Autor näher auf die Beziehungen nach diesem Zeitpunkt ein. Wohl zu Recht sieht B. in den Handelsverträgen, die mit den eben erst unabhängig gewordenen amerikanischen Kolonien abgeschlossen wurden, ein Mittel zur Einbindung dieser neuen Staaten (und ihrer Märkte!) in „eine neue Staaten- und Welthandelsordnung“, die sich freilich als nicht weniger euro­zentrisch ausgerichtet erwies als das frühere koloniale System. 1822 konnte der Vorsitzende der Hamburger Commerz-Deputation programmatisch verkün­den: „Hamburg hat Kolonien erhalten!“ Nur konnte dieser neue „freie“ Han­del eben unbehindert von kolonialen Exklusiv-Zonen operieren und fand die transatlantische Rivalität — nunmehr zwischen weit zahlreicheren Interessen­ten als ehedem - subtilere Formen des Konkurrenzkampfes als in der „guten alten Zeit“, als es möglich war, mit kanonenbestückten Fregatten auch den Handel zu regulieren. Freilich: Das Fehlen derartig „handfester“ Druckmittel erwies sich für die Hansestädte oft als Nachteil, wenn es darauf ankam, vertragsmäßig zugesicherte Begünstigungen in der Praxis durchzusetzen. Die „Vertragswirklichkeit“ sah oft anders aus, als das in den Verträgen vorgesehen war, und Handelsunternehmungen nach Amerika blieben - trotz aller Gewinn­möglichkeiten — eine riskante Sache. Dazu trug das Fehlen hanseatischer „gunboats“ ebenso bei wie die Sparsamkeit der Norddeutschen, die sich stets mit konsularischen Vertretungen begnügten und auf die Entsendung diploma­tischer Vertreter verzichteten. Darunter hatten letztlich die eigenen Staatsbür­ger in Übersee zu leiden, zumal es die mexikanischen Regierungen verständ­

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