Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)
Rezensionen 443 die gerade in dieser so ereignisreichen Umsturzepoche sich auch in der Toskana vollzogen haben. Zusammenfassend darf vermerkt werden, daß in P’s Werk ein Stück österreichischer Geschichte umfassend aufgearbeitet ist, das wenigen in dieser Ausführlichkeit bekannt sein dürfte. Richard Blaas (Wien) Richard Schober Geschichte des Tiroler Landtages im 19. und 20. Jahrhundert. Mit einem Beitrag von Eberhard Lang (Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 4) Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 1984. 639 S., ill. Daß ein so kräftiger Impuls zur Aufarbeitung der die längste Zeit ziemlich stiefmütterlich behandelten Geschichte des Parlamentarismus in den österreichischen Landen gerade von Tirol ausgeht, hat durchaus seine innere Logik, — ist hier die Kontinuität zwischen den Ständen der absolutistischen Periode und den Repräsentativorganen der konstitutionellen Ära doch am deutlichsten gegeben. Richard Schober beschränkt sich dabei nicht auf den verfassungsrechtlichen Rahmen, sondern geht den Erfolgen und Mißerfolgen der Tiroler im Detail nach: Für unser heutiges Verfassungsverständnis erstaunlich z. B., wie es selbst dem „Großen Ausschußkongreß“ des Vormärz (wie der Landtag offiziell hieß) gelang, unliebsame Reformen wie etwa die Einführung des franziszeischen Katasters oder die (alle Belastungen offenlegende) Grundbucheintragung bis um die Jahrhundertwende zu vereiteln. Von grundsätzlicher Bedeutung erscheint etwa auch jenes treffende Zitat Erzherzog Carl Ludwigs aus dem Jahre 1860, welcher den Vorteil des Konstitutionalismus darin erblickte, die Beschließung „mancher odioser Dinge, die dem Land nicht erspart werden können, von den Ständen ausgehen zu lassen“ (S. 139). Der erstmalige Übergang zum Repräsentativsystem 1848 ließ zugleich auch das dominante Problem der folgenden Jahrzehnte hervortreten: Die Italiener Welschtirols boykottierten den Landtag; erst mehr als ein Dutzend Jahre nach Erlaß des Februarpatents, nämlich 1875, sollte zum erstenmal ein Landtag auch wirklich von allen seinen Wahlkreisen beschickt werden. 1891 setzte die Abstinenz wiederum ein, um ab 1900 von der beständigen Drohung mit der Obstruktion abgelöst zu werden. Beachtenswert erscheint jedoch wiederum, daß trotz des letztendlichen Scheiterns der Verhandlungen um die Autonomie des Trentino 1900/1902 (zu deren Erhellung Sch. ebenfalls eine grundlegende Darstellung beigesteuert hat) ersprießliche und von Obstruktion freie politische Arbeit im Landtag auf weite Strecken doch immer noch möglich war. Die taktisch-politische Komponente des Nationalitätenstreits, die es gestattete, auch von noch so kategorisch eingenommenen Standpunkten immer wieder abzugehen, tritt hier plastisch zutage. In parteipolitischer Hinsicht war der Tiroler Landtag selbstverständlich katholisch-konservativ dominiert; ihre sichere Mehrheit büßten die deutschen Konservativen mit der Abspaltung der katholischen Italiener 1889 allerdings ein. 1908 ergab sich eine wiederum bi-nationale christlichsoziale Mehrheit, die 1913 für die Einführung einer fünften (allgemeinen) Wählerkurie auch bei Landtagswahlen Sorge trug. Die bis zu eigenen Fraktionsbildungen reichenden, angesichts ihrer großen numerischen Übermacht auch ziemlich unbefangen ausgetragenen und für das politische Klima zweifellos belebend wirkenden