Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)
Rezensionen 433 hatten Friedrich ja schon zu Lebzeiten schockiert. Zwar kann der Leser diese Gedankenmodelle an Hand der Ausführungen der Autorin nachvollziehen, doch werden viele Aspekte und Probleme nicht deutlich genug angesprochen. Über gelegentliche Mängel (an historischem Detailwissen, einer altertümlichen bzw. den Quellen zu sehr verhafteten Sprache, nicht glücklich gewählten Siglen und Kürzungen in den Sachanmerkungen) soll hinweggesehen werden. L’s Arbeit stellt zweifellos in ihrem methodischen Ansatz und dem Versuch, neben der Biographie Friedrichs eine umfassende Darstellung des Kurfürstentums Sachsen unter seiner Regierung zu bieten, eine wertvolle Bereicherung für den Einstieg in die Geschichte des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit dar. Rosemarie Aulinger (Wien) Peter Hersche Die deutschen Domkapitel im 17. und 18. Jahrhundert. 3 Bde. Selbstverlag des Verfassers, Bem 1984. 304, 207, 261 S. Was Aloys Schulte mit seinem für die Geschichte der Alten Reichskirche epochemachenden Buche Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter (1910), dessen zweite Auflage (1922) im Jahre 1958 nachgedruckt wurde, leistete, versucht H. für die beiden letzten Jahrhunderte mit den durch das andersartige und umfangreichere Quellenmaterial geforderten beziehungsweise ermöglichten Methoden: „Es soll eine auf quantitativer Basis beruhende, systematisch vergleichende sozialgeschichtliche Darstellung aller deutschen Domkapitel in der Neuzeit geliefert werden“ (1 S. 14). Gegenstand der Untersuchung sind die reichsständischen katholischen Bistümer unter Einschluß der konfessionell gemischten Domkapitel (Osnabrück und zeitweise Straßburg sowie Halberstadt, Lübeck und Minden ohne eigenen katholischen Bischof). Der Vf. hat dem der Technik der Datenverarbeitung (EDV) Nichtkundigen den Nachvollzug geebnet (1 S. 34—64). Die Konzession, die den günstigen Preis des Werkes ermöglichte, war der direkte Computer-Ausdruck der Listen und Tabellen. „Von jemandem, zu dessen beruflichem Geschäft oder Liebhaberei es gehört, Handschriften früherer Jahrhunderte zu entziffern, darf wohl auch erwartet werden, die unschönen Computerlettem lesen zu können“ (1 S. 4). Die Grenzen seines Unternehmens hat der Vf. deutlich markiert (1 S. 17): „Nur ein Teil der für die Geschichte der Domkapitel relevanten Fakten ist überhaupt quantifizierbar.“ Deshalb 1 S. 18: Die quantitative Untersuchung „macht weitere Monographien keineswegs überflüssig“. In den Listen sind 5725 Namen aus 27 Domkapiteln verzeichnet, zu welchen insgesamt 50.000 Daten gesammelt und verarbeitet wurden. Etwa ein Viertel davon mußte aus noch nicht aufbereiteten archivalischen Quellen erhoben werden. Die Mehrzahl der Daten fand sich in der Literatur über die Domkapitel, die z. T. bereits in der Zeit des Ancien régime einsetzt und insgesamt sehr ungleichmäßig und ungleichwertig ist. Während der Personalstand der Domkapitel für die Zeit des Mittelalters fast überall in irgendeiner Form erfaßt ist, waren für die vorliegenden Untersuchungen die Personallisten einiger Kapitel (Freising, Mainz, Osnabrück, Paderborn, Speyer, Straßburg, Trier, Worms, Halberstadt) erst zu erarbeiten. Den 5725 Namen entsprechen wegen der häufigen Pfründenkumulation nur 3675 Personen, die zwischen 1601 und 1803 den 27 reichsständischen Kapiteln angehörten. Zusammen verfügten diese über eine Anzahl von Pfründen, welche zwischen 729 und 754 Mitteilungen, Band 39 28