Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)
Rezensionen 429 Alfred D. Low The Anschluss Movement, 1918-1938. Background and Aftermath. An Annotated Bibliography of German and Austrian Nationalism (Canadian review of studies in nationalism 4 = Garland reference library of social science 151). Garland Publishing Inc., New York - London 1984. XIX, 186 S. Professor Alfred D. Low, der vor seiner durch die Ereignisse 1938 erzwungenen Emigration nach Nordamerika in Wien studierte, ist zweifellos eine faszinierende Persönlichkeit. Beeindruckend ist nicht zuletzt seine (trotz oder gerade wegen seines schweren persönlichen Schicksals) an Verehrung grenzende Einstellung (Alt-)Österreich gegenüber. Unter anderem ist er auch mit Publikationen zur Anschlußfrage in Zusammenhang mit den Pariser Vororteverträgen hervorgetreten. (The Anschluss Movement 1918-1919 and the Paris Peace Conference [Memoirs 103, Philadelphia 1974], Gekürzte deutsche Fassung: Die Anschlußbewegung 1918—1919 und die Pariser Friedenskonferenz [Wien 1975]). Die Literatur zu den Ereignissen der März- und Apriltage 1938 (von der Machtübernahme durch die nationalsozialistische Bewegung am 11. März über den Einmarsch der deutschen 8. Armee sowie der Heeresdienststelle 10 am 12. März bis zum Vollzug des „Anschlusses“ ab dem 13. März und letztlich bis zur Volksabstimmung am 10. April) ist, nicht weiter verwunderlich, sehr zahlreich. Gerade deswegen ist eine Bibliographie wie die L’s sehr nützlich. L. faßt sein Thema sehr weit auf. Nach der Auflistung von 20 bibliographischen Arbeiten und 21 Quelleneditionen nennt die vorliegende Arbeit nicht weniger als 515 Titel. Davon entfallen 48 auf die Zeit vor 1918 („The Roots of the Anschluss Movement“), 380 (davon 49 Aufsätze) auf die Periode von 1918 bis 1938 und schließlich 26 auf die Zeit der alliierten Besetzung und der „Rebirth of the Austrian Nation“. Immerhin 58 Dissertationen und andere ungedruckte Prüfungsarbeiten beschließen die eindrucksvolle Zusammenstellung und sind vielleicht sogar der nützlichste Abschnitt des ganzen Bandes. Ist schon diese Einteilung an sich ein bißchen störend (so wird z. B. nicht zwischen zeitgenössischer Propaganda und späteren wissenschaftlichen Arbeiten getrennt), so erheben sich auch an der Zuteilung einzelner Werke gelegentlich Zweifel. Warum, zum Beispiel, ist die Autobiographie Erich von Mansteins (es geht hier um das Kapitel über den Einmarsch) unter n. 444 in den Abschnitt über die Zeit nach 1945 aufgenommen? Im Hauptabschnitt sind wohl die wesentlichsten Werke enthalten, doch fehlt immerhin Gerhard Botz’ Standardarbeit über die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich (Ludwig Boltzmann Institut: Schriftenreihe zur Geschichte der Arbeiterbewegung 1, Wien 1972, 2. erg. Aufl. 1976). Die Auswahl mancher Titel erweckt freilich Widerspruch. Bei den Dissertationen fehlt beispielsweise Peter Gschaiders Arbeit über das Bundesheer1), während eine Biographie Beta Zuckerkandis (von Renate Redl, n. 495) enthalten ist. Eine Untersuchung der k. u. k. Wehrmacht ist sicher reizvoll — der Rezensent wäre wohl der letzte, der das bestrei‘) Peter Gschaider Das österreichische Bundesheer 1938 und seine Überführung in die deutsche Wehrmacht (phil. Diss. Wien 1967). Gschaiders Arbeit hat zwar einige Schwächen und leidet vor allem darunter, daß damals die Akten im Wiener Kriegsarchiv (zum Unterschied von jenen in Freiburg) noch nicht zugänglich waren, stellt aber immer noch die beste und umfassendste Arbeit zu diesem Problemkreis dar.