Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
AUER, Leopold: Historische Friedensforschung (Literaturbericht)
424 Literaturberichte deren Sinn allem Anschein nach vom Kopisten verunstaltet wurde, erfordern. Die erstgenannte Anforderung dürfte P. im wesentlichen erfüllt haben - daß er von den derzeit gebräuchlichen Editionsregeln in einigen Punkten abweicht, ist kaum von Bedeutung -, allerdings verstößt er, wie Stichproben erkennen ließen, gelegentlich gegen die sich selbst (S. 41) auferlegte möglichst originalgetreue Wiedergabe, so S. 75 gleich 15 mal (!), davon sinnstörend „mit“ statt richtig „nit“; ähnlich S. 87 Z. 1 „mir“ statt richtig „nuer“. Bedenklicher ist, daß sich P. über eine Berichtigung sinnstörender Abschreibfehler anscheinend überhaupt keine Gedanken gemacht hat. Es genügen zwei Beispiele: S. 91 liest man als Überschrift „Argkhls hauffen in ainem ersamen rath“ und erwartet demzufolge den Auftritt einer schlagkräftigen Truppe des renitenten Bürgers Hans Erckl; der Absatz enthält jedoch nichts dergleichen. In der Handschrift, fol. [35r], ist der entsprechende Buchstabenbefund: „hanss“ oder „hansf“ mit Endungszeichen und folgendem Abstand zum nächsten Wort, d. h.: der Kopist konnte das Wort nicht entziffern und ließ einen Raum zu eventueller späterer Ergänzung frei. Ob und wie immer man den Buchstabenbefund deutet (naheliegend wäre „hanndlung“), „hauffen“ ist auf jeden Fall falsch und auch sinnlos. (Auf S. 75 hat P., der Vorlage folgend, übrigens ein sinnloses „banndlung“ stehen lassen, obwohl es natürlich ebenso „hanndlung“ heißen müßte.) Besonders verwirrend geht es auf S. 98-100 (entsprechend fol. [41v-42r] der Handschrift) zu: Im Rahmen des Klostemeuburger Landtages vom Juli 1520 treten uns zwei Persönlichkeiten entgegen, die Kirchhofer, wenn wir der Edition P’s folgen, als „Frstl. Gn.“ bzw. „Frh. Gn.“ tituliert. In Wirklichkeit schreibt der Kopist jedoch regelmäßig - und fälschlich - „Frh. Gn.“, was P. zum Teil stillschweigend in „Frstl. Gn.“ emendiert, zum Teil stehen läßt, - obwohl er selbst in Anm. 373 den ausschließlich für diesen Titel in Frage kommenden „phaltzgraf“ Kasimir richtig als Markgrafen von Brandenburg identifiziert! Ein letztes Bedenken betrifft den Kommentar. Wenn man schon zu Herrschern, die in jedem Lexikon nachzuschlagen sind (Maximilian I., Karl V., Ferdinand I.) die wichtigsten Lebens- und Regierungsdaten bietet, müßte man wohl auch Ausdrücke erklären, die dem angesprochenen Leserkreis schwerlich geläufig sein dürften; willkürlich herausgegriffen: „glumphen“ (S. 81), „schmeechtn“ (S. 86; auf fol. [31r] ist allerdings zu lesen „schmeckhtn“), „drüeß vnnd peyll“ (S. 87), „treyling... flochwein“ (S. 89). Und auch die häufige Bezugnahme auf Mandate, Korrespondenzen, Rundschreiben etc. im Text bedürfte zumindest des Versuches einer Kommentierung. Bei den niederländischen Beisitzern des Wiener Neustädter Gerichtes hätte ein Hinweis auf die ungedruckte, aber in Wien ohneweiters erhältliche Dissertation von Sylvia Koretz (Das niederländische Element am Hofe Ferdinands I., Wien 1970) die ältere Literatur erübrigt, bei den Italienern (Bonomo, Balbi - recte Azalini, nicht Accellini) die entsprechenden Artikel im Dizionario biografico degli Italiani. Voll auf seine Rechnung kommt hingegen jener Leser, der Erläuterungen zur Wiener Topographie und — vor allem — Personengeschichte sucht; in diesem Belang übertrifft der Kommentar bei weitem die üblichen Anforderungen. Dieser Umstand und besonders die vitale Aussagekraft der in ihrer Verständlichkeit allerdings reichlich spröden Quelle verleihen der vorliegenden Ausgabe einen über die engere Thematik hinausreichenden Wert. Gerhard Rill (Wien) Die Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848-1867. III. Abteilung: Das Ministerium Buol-Schauenstein, Band 3: 11. Oktober 1853 bis 19. Dezember 1854, bearbeitet von Waltraud Heindl, mit einem Vorwort von Gerald Stourzh. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1984. 499 S. Die österreichischen Ministerratsprotokolle des vorliegenden Bandes dokumentieren den sich seit Ende 1853 allmählich abzeichnenden Abschluß der