Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

MIKOLETZKY, Lorenz: „Der Bauern Gott, der Bürger Not, des Adels Spott liegt auf den Tod“. Kaiser Josephs II. langes Sterben aus eigener und fremder Sicht

Josephs II. langes Sterben 27 quelques mots de suite“51). Der Kaiser leide unter starken Erstickungsanfällen, „c’est un état de souffrances continuelles“52), stellte Noailles fest. Am 29. Jänner 1790 richtete Joseph drei gleichlautende Schreiben an den Feldmarschall Franz Moritz Grafen Lacy53), an Georg Adam Fürsten Starhem- berg und an den Oberstkämmerer und Konferenzminister, Franz Xaver Wolf Grafen Orsini-Rosenberg: „Meine so sehr zerrütteten Gesundheits Umstände gestatten Mir nicht mehr die Geschäf­te die itzt so wichtig sind, wie vormals mit dem größten Nachdruck zu betreiben, da Ich weder mit dem Reden, noch mit dem Dictieren wegen Meiner geschwächten Lunge mehr fortkommen kann. Ich habe also zu Meiner Beruhigung und damit dem Staate nichts vernachlässiget werde, beschlossen, Conferenzen in allen wichtigen Staats Angelegen­heiten abhalten zu lassen, welche aus Ihnen, dem Fürst von Starhemberg und Feldmar­schall Lacy bestünden; die Staats Kanzley wird allemal den gehörigen Referendaire dazu geben und auch die Hhl. Conferenz Ministres durch ein Billet mit Bestimmung des Tags und der Stunde vorläufig dazu einladen lassen. Die Conferenz wird allemal in einem Zimmer in der Burg abgehalten werden, damit Ich, wenn es Meine Gesundheit zulässt, auch hierbei erscheinen könne. Die Schriften werden zur Käntniss der Herren Confe- renz-Ministres vorher unter ihnen circulieren, und können Sie entweder schriftlich oder mündlich, welches im Protocoll aufgenommen werden wird, ihre Wohlmeynung über jeden Gegenstand geben. Es wird je eher, je besser, da jeder Tag dringend ist, eine oder zwey Versammlungen abgehalten werden müssen, in welcher die Staats-Kanzley blos zur Information der Minister die wahre Lage der Umstände vorlegen wird, damit sie in filo kommen. Ich ersuche Sie recht sehnlich Mir in dieser für Mich so betrübten und für den Staat so gefährlichen Lage mit Ihrem guten Rath und thätiger Mitwirkung und dem Staate, welchem Sie durch so viele Jahre rühmlich dienen, nach allen Kräften an die Hand gehen“54). Auch von der Armee nahm Joseph in diesen Tagen Abschied, und dabei findet sich die Feststellung: „Ich verlasse sie früher, als nach dem gewöhnlichen Naturlauf und von Meiner Constitution zu vermuthen war, eben weil Ich sie bei einer Mir im Felde zugezogenen Krankheit nicht verlassen wollte“55). „La respiration devient depuis quatre jours plus courte, plus difficile encore que ce n’était, et ä cela se joint le désagrément que les pieds m’enflent. Point d’appétit du tout, forte toux et expectoration copieuse“56), berichtet Joseph in die Toskana am 28. Jänner 1790, ehe er nach einem weiteren Schreiben am 6. Februar „jenen langen und erschütternden Brief“ schrieb, „in dem er den Bruder aufforderte, ja inständig beschwor, sogleich nach Wien zu kommen, nachdem ihm, Joseph, die Ärzte auf seinen Befehl die schonungslose Wahrheit über seinen Gesundheitszustand eröffnet und ihm mitgeteilt hätten, daß keine Hoffnung mehr auf Gesundung bestehe, das Ende aber sehr bald herannahen 51) Arneth Joseph und Leopold 2 307 ff. 52) Rauscher Außenpolitik 185. 53) Vgl. Edith Kotasek Feldmarschall Graf Lacy. Ein Leben für Österreichs Heer (Horn 1956) 183. 54) Lorenz Mikoletzky Kaiser Joseph II. Herrscher zwischen den Zeiten (Göttingen - Zürich - Frankfurt 1979) 93 f. 55) Wiener Joseph II. 144. 56) Arneth Joseph und Leopold 2 314.

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