Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

SCHÖNFELLNER, Franz: Der Bund als Gesellschafter der WÖK in der Ersten Republik

Der Bund als Gesellschafter der WÖK 153 einer sozialpolitischen Notwendigkeit zur Beteiligung nicht mehr ausgegangen werden könne und die WÖK mit der Mitella und den Schwarzwaldküchen zu den großen Ausspeisungsunternehmen in Wien zähle, entschied Finanzminister Dr. Ahrer nach anfänglichen Bedenken für die anteilsmäßige Erhöhung des Stammkapitals19). Schließlich wurde das „Eigenvermögen“ der Firma, das mit S 150.000,- beziffert wurde, bei der Generalversammlung des Jahres 1925 so aufgeteilt, daß die Stammeinlagen von nun an je S 50.000,— betrugen, weitere S 50.000,- wurden auf ein Kapitalrücklagenkonto gelegt20). Die Vorlage der Bilanz für 1924 war zweiter Hauptpunkt der Generalversamm­lung vom 12. Juni 1925. Die Entwicklung der Gesellschaft war bisher sehr gut verlaufen, neueröffnete Küchen verzeichneten volle Erfolge, die Wirtschafts­anlage Baumgarten sollte 1925 um eine Haustischlerei erweitert werden, wo­mit Reparaturarbeiten, aber auch die Neueinrichtungen von Lokalen nicht mehr an betriebsfremde Handwerker vergeben werden mußten. Dies ist ein wesentliches Kennzeichen der Firmenstrategie der WÖK zu dieser Zeit, die durch Zentralisierung verschiedener Einrichtungen, wie Bäckereien und Wä­schereien, oder den Ausbau des Wirtschaftshofes, zu dem bald eine Hühner­farm kam, die Regiekosten senken wollte. Neben der Eigenproduktion von Gemüse und Obst, das zu Kompott und Marmelade verarbeitet wurde, wurden beispielsweise in der Betriebsgärtnerei Blumen als Tischschmuck für die Spei­seräume gezogen. Die Einrichtung einer Zentralbäckerei war 1924 die wichtigste Investition gewesen, damit konnten die Bäckereien in den einzelnen Küchen aufgelassen werden. Dies schlug sich nicht nur in einer verbesserten Qualität der Mehlspei­sen und Feinbackwaren nieder, auch der Personalstand konnte um 33 Mitar­beiter auf 628 per 31. Dezember 1924 gesenkt werden; schließlich war eine bessere Preisgestaltung möglich. 30 Küchen und neun von diesen mitbetreute Speisestellen waren Ende 1924 in Betrieb, dazu die Bäckerei, ein Lagerhaus, die Fleischabgabe, die Verwaltungszentrale und der Wirtschaftshof Baumgar­ten. Die Bäckerei hatte im Zeitraum vom 29. Mai bis Jahresende 1924 insge­samt 2,105.787 Portionen Mehlspeisen ausgegeben, die Küchen im abgelaufe­nen Jahr 7,923.289 Portionen, wobei die von 57 Schul- und 36 Kleinkinderstel­len im Rahmen der Ausspeisungsaktionen der Gemeinde Wien ausgeteilten 4,051.647 Portionen den Hauptanteil ausmachten, was allerdings nur für die Zahl der Portionen, nicht für die Einnahmen galt. Von sechs zur Auswahl stehenden Menüs war das um 9.000 Kronen bei weitem das gefragteste, was wiederum ein Hinweis darauf ist, daß die Mehrzahl der Kunden nicht zu den Ärmsten zählte. Die Umsatzsteigerung gegenüber 1923 betrug laut Bilanz rund 50 Prozent. 1#) FA Dept. 23 ZI. 1.309-23/1926, 79.014-23/1925. Auszug aus der Stellungnahme von MR Dr. Reissenberger, Dept. 15: Eine Lösung kann wohl nur unter Reibungen mit der Gemeinde erfolgen. Ob dies gegenwärtig opportun erscheint, muß der hohen Ent­scheidung überlassen werden. 20) FA Dept. 23 ZI. 83.294-15/1926; WIGAST Generalversammlungen 1926 Oktober 29. Die genauen Hintergründe dieser Kapitalaufstockung konnten nicht geklärt werden.

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