Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

SCHÖNFELLNER, Franz: Der Bund als Gesellschafter der WÖK in der Ersten Republik

152 Franz Schönfellner der Führung der WÖK bringen. In der Praxis hatte die Gemeinde den weit größeren Einfluß, was etwa auch darin zum Ausdruck kam, daß oft der Wiener Bürgermeister den Vorsitz bei Generalversammlungen übernahm, oder daß viele Sitzungen in seinen Amtsräumen abgehalten wurden. Im Aufsichtsrat saßen 1919 neben den genannten „amerikanischen Herren“ und Prof. Pirquet für den Staatsschatz Oberfinanzrat Dr. Franz Gruber und Finanzrat Dr. Richard Hoynigg, für die Gemeinde Gemeinderat Dr. Sigmund Fränkel und Stadtrat Quirin Kokrda. Der Aufsichtsrat wurde in den folgenden Jahren mehrmals neu besetzt, im April 1920 wurde unter anderem als Zuge­ständnis an das Staatsamt für Volksemährung, das bei Gründung der Gesell­schaft nicht beteiligt worden war, Sektionschef Dr. Wilhelm Degischer in den Aufsichtsrat gewählt. Anstelle von Prof. Pirquet kam als Fachmann für Le­bensmittelchemie Univ. Prof. Dr. Arnold Durig, der wie Hammerschlag als „neutrales Mitglied“ agieren sollte16 *). Während aus Anlaß der Pensionierung des 1920 entsandten Sektionsrates Dr. Truxa im Jahr 1923 auf Bundesseite eine Aufsichtsratsstelle vorübergehend vakant blieb, da die Gemeinde ebenfalls kurzfristig nur zwei Vertreter in den Aufsichtsrat entsandte, blieb Dr. Degi­scher auch nach Auflösung seines Ministeriums und darüber hinaus als Pensio­nist in seiner Stelle. 1925 bestellte Wien Gemeinderat Anton Grulig als dritten Vertreter, daher wurde vom Finanzministerium Ministerialrat Anton Jüptner nominiertn). Zum Präsidenten des Aufsichtsrates wurde der Gemeindevertre­ter Prof. Dr. Sigmund Fränkel gewählt, Dr. Degischer war Vizepräsident. III Am 12. Juni 1925 fand die ordentliche Generalversammlung des Jahres im Büro des Wiener Bürgermeisters statt, bei der als wichtigster Punkt die von Dr. Fränkel beantragte Erhöhung des Stammkapitals auf 51.000,- Schilling be­handelt wurde. Mit Eröffnung der Goldbilanz per 1. Jänner 1925 betrug die Einlage der Gesellschafter zusammen S 2.000,—, was angesichts der beträchtli­chen Investitionen in den Aufbau der Gesellschaft bei weitem zu wenig war. Die WÖK betonte, daß sie „Leihgeld“ aufnehmen müsse, um die Adaptierung der Küchen und andere Neuinvestitionen finanzieren zu können. Zwar bot die Gemeinde Wien an, eine etwaige Differenz selbst zu tragen, falls der Bund nicht die nötige Summe von S 25.000,- zur Gäpze aufbringen kön­ne18), doch meinte die Abteilung 15 des Bundesministeriums für Finanzen dazu, daß dies wohl politisch nicht opportun wäre. Während die Budgetabteilung des Ministeriums für den Verkauf des Bundesanteiles eintrat und betonte, daß von 16) WIGAST Generalversammlungen. Stadtrat Karl Richter kam als Gemeindevertre­ter neu hinzu. Neben Dr. Degischer wurden Sektionsrat Dr. Robert Truxa und Finanzse­kretär Maximilian André vom Staatsamt für Finanzen, Budgetsektion, entsandt. Zur Bestellung Dr. Degischers: AVA STAVE Fasz. 125 ZI. 6.838/1920. 1T) FA A.A. ZI. 40.850—11/1925. Stadtrat Quirin Kokrda war ebenfalls 1923 ausge­schieden. 1B) Da erst die Hälfte der ursprünglichen Stammeinlage von S 2000,- eingezahlt war, mußten 24.500,- plus 500,— aufgebracht werden.

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