Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

SCHÖNFELLNER, Franz: Der Bund als Gesellschafter der WÖK in der Ersten Republik

DER BUND ALS GESELLSCHAFTER DER WÖK IN DER ERSTEN REPUBLIK Von Franz Schönfellner Am 8. November 1919 Unterzeichneten Vizebürgermeister Georg Emmerling als Vertreter der Stadt Wien und Sektionschef im Deutsch-Österreichischen Staatsamt für Finanzen Dr. Robert Zwierzina im Rauchsalon der Amtsräume des Wiener Bürgermeisters einen Vertrag, mit dem eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter dem Firmennamen „Vienna Public Feeding“ er­richtet wurde. Als Gegenstand des Unternehmens wurde die Volksausspeisung in Wien festgelegt, mit dem Zusatz, daß die Gesellschaft ein gemeinnütziges Unternehmen sei. Das Stammkapital von 20 Millionen Kronen wurde je zur Hälfte von Bund und Gemeinde eingelegt, zur Gewinnverteilung wurde be­stimmt, daß der Reingewinn teils zu „reservieren“, teils Ausspeisungszwecken zuzuführen sei. Einen allfälligen Verlust sollten beide Gesellschafter je zur Hälfte tragen. Zwanzig Jahre später wurden mit Wirkung vom 1. April 1940 die Anteile des Staatsschatzes an der „Wiener öffentlichen Küchenbetriebsgesell­schaft m. b. H.“ auf Grund des Ostmarkgesetzes unentgeltlich an den Reichs­gau Wien übertragen1). Lebensmittelnot, Rationierungen, Approvisionierungswesen, — solche und ähn­liche Probleme begleiteten und bestimmten zum Teil die Geschicke der WÖK in der Ersten Republik und waren 1940 genauso aktuell wie 1919, als es galt, die Versorgung der Wiener Bevölkerung zu sichern. Die schwerste Krise in diesem Zeitraum mußte die WÖK anfangs der dreißiger Jahre überwinden, als wirt­schaftliche Schwierigkeiten, der Konkurrenzkampf mit dem Wiener Gastge­werbe und politische Überlegungen sogar die Auflösung der Gesellschaft durch den Bund überlegen ließen2). I Die Initiative zur Gründung der Vienna Public Feeding Ges. m. b.H. dürfte von einem Mitglied der Amerikanischen Hilfsaktion in Wien ausgegangen sein, als es galt, das Kriegsküchenwesen in der Hauptstadt zu reorganisieren und ’) Finanzarchiv Wien (=FA) Gesellschaftsevidenz des Dept. 17 (=Gesellschaftsevi- . denz) Konv. 13 und Sonderlegung Dept. 17 (= Dept. 17) Fasz. 159 ZI. 2.750-7/1940. 2) Wenn im folgenden die Geschichte der WÖK von der Seite der Bundesbeteiligung her im Vordergrund steht, so liegt das nicht nur an der Quellenlage, sondern es verlangen die zumindest im FA umfangreichen Akten zur WÖK die Beschränkung auf einige Aspekte im Rahmen dieses Aufsatzes.

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