Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
FINK, Manfred: Das Archiv der Republik – ein Archiv der Zukunft? Massenschriftgutverwaltung im Österreichischen Staatsarchiv
Das Archiv der Republik 135 ne Erkenntnis hinwegtäuschen, daß erst ein wirklich gut geführtes, organisatorisch durchdachtes Zwischenarchiv den Problemstellungen einer modernen Massenschriftgutverwaltung gerecht zu werden in der Lage ist. 2. Selbst dann, wenn man in einem Zwischenarchiv keine anderen Zielsetzungen als eine reine Lagerverwaltung hätte, sollte schon die Vorstellung von den Laufkilometem Akten einer Massenschriftgutverwaltung die Phantasie und die Vorstellungskraft gleichermaßen beflügeln, Methoden der modernen Lagerverwaltung samt Einsatz moderner Techniken auf die konkreten zwischen- archivischen Aufgaben abzustimmen. Die zweite Ebene widerspiegelt also das organisatorische Gepräge, das sich aus den beiden anderen Beziehungsebenen entwickelt, gleichsam das Ego des Zwischenarchivs. 3. Die dritte (chrono)logische Bezugsebene wächst aus dem Selbstverständnis zum Hauptarchiv. Wie weit Fragen der Zusammenarbeit und gemeinsamer Zielsetzungen, Konflikte und verschiedene Interessen dieses Verhältnis beeinflussen, wird in nicht unbedeutendem Maße vom organisatorischen Gepräge im neuen Zentralarchiv abhängen. Eine positive Gestalt oder organisatorische Einheit entwickelt jedoch das Zwischenarchiv erst aus einem mehr oder weniger konfliktfreien „Spielraum“ zwischen aktenproduzierenden und akten(end)bewahrenden Maßnahmen. VERHÄLTNIS ZWISCHENARCHIV - VERWALTUNG Aus den Bezugspunkten „Verwaltungsbedürfnis“ und „historisches Interesse“ und aus der Problemstellung, wie man mit den Aktenmassen zu Rande kommt, d. h. „wie man die Spreu vom Weizen trennt, das historisch kulturell wertvolle Schriftgut für die kommenden Generationen aus der Makulatur reiner Papierkorbakten aussondern kann“22), erwächst die Aufgabenstellung eines Zwischenarchivs. Nun sind die Methoden und Strategien, die diesen Brückenschlag zwischen Archiv und Verwaltung ermöglichen sollen, nicht von Natur aus vorgegeben. Diese müssen erst in einem langsamen Erfahrungsprozeß erarbeitet werden und orientieren sich zum einen Teil zwangsweise ohnehin an den Methoden der staatlichen Verwaltung. Im Laufe der letzten Jahre hat sich doch die Auffassung langsam durchgesetzt, daß „zur archivarischen Arbeit der gesamte Lebenszyklus der Dokumente in den verschiedenen Stadien“23) gehört. Resolutionen und Empfehlungen einer 1985 in Budapest vom Internationalen Archivrat einberufenen Europäischen Konferenz über Entstehung und Organisation zeitgenössischer Akten24) stellen 22) Blaas Das Zwischenarchiv 13 f. 23) Brachmann Anforderungen an die menschlichen Reserven 5. 24) European Archival Conference on the Creation and Organisation of Contemporary Records in Budapest vom 23. — 26. April 1985. Vgl. die beiden Vorträge: Siegfried Büttner Creation, Maintenance und Use by Central Government Institutions of their Contemporary Records; und Michael Roper Functions of Archival Institutions in the Creation, Maintenance and Disposal of Contemporary Records.