Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

WOHLGEMUTH, Edith: Theodor von Sosnosky und sein Nachlaß

Theodor von Sosnosky 125 Nachlaß vorhandenen Briefe deuten eher auf ein Vielerlei von Beziehungen als auf irgendeine engere Gemeinschaft hin, so bekannt mancher der da auftau­chenden Namen auch sein mag, wie zum Beispiel außer den im Laufe der Darstellung bereits erwähnten: Robert William Seton-Watson, der große briti­sche Kenner der Probleme der österreichisch-ungarischen Monarchie; Wladi­mir Freiherr Giesl von Gieslingen, dem die schicksalsschwere Aufgabe zugefal­len war, 1914 das österreichische Ultimatum in Belgrad zu überreichen; Josef Karl Mayr, Archivar am Haus-, Hof- und Staatsarchiv; Oskar Freiherr von Mitis, Leiter desselben; Edmund Glaise von Horstenau, Direktor des Kriegsar­chivs; Egon Caesar Conte Corti, Verfasser zahlreicher historischer Werke; Karl Freiherr von Werkmann, Privatsekretär Kaiser Karls; Friedrich Funder, Her­ausgeber der Reichspost und andere64). In einem einzigen Zusammenhang, soweit dies aus dem Nachlaß ersichtlich ist, verließ Sosnosky die Welt seines hervorragenden politischen und historischen Interesses, in die sich seine literarischen Ambitionen, weil sie die Auseinander­setzung mit sozialen und gesellschaftlichen Zuständen bis hin zu den Niede­rungen des Lebens65 66) zum Inhalt hatten, wohl einfügen lassen, und gönnte sich auf einem exquisiten Betätigungsfeld vielleicht etwas wie Erholung. Er wid­mete sich hingebungsvoll der Lepidopterologie und in Verbindung damit dem Studium der Naturgegebenheiten ferner Länder. 1914 brachte Sosnosky ein Werk Exotische Falterpracht. 56 exotische Schmetterlinge in ihren Original­farben, heraus. Er, der immer wieder einmal Zuflucht zur Verfassung von Denkschriften nahm, wenn es ihm darum ging, einer seiner der Verwirklichung würdig erscheinenden Ideen einen Weg zum Durchbruch zu verhelfen, hatte auch in diesem Fall seine Vorstellung von der Schaffung eines populären Tafelwer­kes über die wundersame Schönheit exotischer Schmetterlinge in einer Denk­schrift niedergelegt86). Die ganz allgemeine Bilanz seiner wohl selbstbewußt zu nennenden Bemühun­gen, auf diesem oder jenem Gebiet etwas in Bewegung zu bringen, ist zweifellos eher tragisch. Wieweit er sich gegen die Bitterkeit diesbezüglicher Erfahrun­gen innerlich durch eben das Selbstbewußtsein subjektiven Besserwissens zu schützen vermochte, kann nicht nachvollzogen werden. Imponierend ist sein Wille, die Zusammenhänge der ihn im Laufe eines langen Lebens berührenden Ereignisse zu durchdringen und sie auf seine Art in unverdrossener Kleinarbeit für seine Mitmenschen geistig aufzubereiten. Dem modernen Historiker stehen für das Studium jener Jahrzehnte in geöffne­ten Archiven und weitreichenden Aktenpublikationen andere, gültigere, die kurzlebigen Polemiken, wie sie im Medium Presse ihren Niederschlag finden, 64) NIS XVI; was Glaise von Horstenau betrifft NIS VIII im Zusammenhang mit Torresani. 65) NIS XII Unmenschen. Sadisten; NIS VIII Sadismus und Brutalität. 66) MS XIV.

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