Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

WOHLGEMUTH, Edith: Theodor von Sosnosky und sein Nachlaß

Theodor von Sosnosky 123 Ausgang hin analysiert zu haben. Seine persönliche Lage war trostlos. Hatte er ein Leben lang darunter zu leiden gehabt, nicht zur Clique zu gehören50) und als freier, wenn auch zu Zeiten viel beschäftigter Journalist51) nicht aus dem Zustand mehr oder weniger bedrückender Unsicherheit herauszukommen, wurde ihm, abgestempelt, durch seine stolz bekundete Überzeugung auch schon von vornherein eingeengt in seinen letzten Endes doch wohl bang verteidigten Möglichkeiten, nach dem Anschluß Österreichs an das Dritte Reich einfach kein Platz mehr unter seinesgleichen zu schreiben eingeräumt. Den Canossagang zur Reichsschrifttums-Kammer tat er nicht, so daß ihm fürderhin kein deutsches, wie er aber auch erleben mußte, ebensowenig ein schweizerisches Organ zur Verfügung stand52). Da er sich von der Hilfe eines „englischen Schutzgeistes“ völlig abgeschnitten wußte und auch von seiten wohlgesinnter Verlagsleute - nicht Verlage - keinerlei Unterstützung erhoffen konnte, stellte er schon am 6. Juni 1940 verzweifelt fest: „ ... Es ist ein sonderbares Gefühl, absolut nicht zu wissen, ob man am Ende des Monats noch wird am Leben sein können! ... Ich fürchte immer mehr, daß mir nur mehr die Wahl bleiben wird: Gasschlauch oder Revolver“53). Doch ging das Leben für ihn noch eine Weile weiter. Bestürzt stellte er zunehmend deutlicher werdende Zeichen gesundheitlichen Verfalls an sich fest, die in ihm die erwähnte traurige Frage wachriefen, ob es ihm noch beschieden sein werde, Österreich frei und nach seinem, wie er überzeugt war, einzig brauchbaren Rezept regiert, den Weg in eine glücklichere Zukunft gehen zu sehen54). Und was würde aus seinen Werken werden? Sechsunddreißig Manuskripte harrten des Drucks, - nunmehr ein totes Kapital55). Nicht alle waren der Geschichte oder dem Zeitgeschehen gewidmet. Wenn diese sich samt den dazugehörigen Materialsammlungen und Studien im vorgegebenen Rahmen vielleicht eher dazu anboten, das Bild ihres Verfassers etwas aufzuhellen, würden wesentliche Lichter fehlen, wollte man die von ihm immer liebevoll gepflegte Unterhaltungsschriftstellerei, seine Erzählungen und Skizzen, die oft von seiner Anhänglichkeit an Wien und Wiener Art Zeugnis geben, seine durchdachten literarischen Blütenlesen und seine Auseinandersetzung mit den Werken zeitgenössischer Autoren übergehen56). 50) Worüber er schon Oberst Brosch gegenüber am 18. Mai 1914 klagt: Nachlaß Brosch im KA Nachlaß-Sammlung B/232 n. 11. 51) Seine Publikationsorgane waren vornehmlich: Grazer Volksblatt, Der Österrei­cher, Allgemeine Rundschau (München), Hamburger Fremdenblatt, Augsburger Postzei­tung, Basler Nachrichten, Chicago Abendpost (da schrieb er unter dem Pseudonym „Danubius“), Pester Lloyd u. a. 52) Tagebucheintragung vom 1. Jänner 1942 (siehe Anm. 49). 53) Siehe Anm. 49. 54) Tagebucheintragung vom 6. Jänner 1942 (siehe Anm. 49). 55) Tagebucheintragung vom 1. Jänner 1942 (siehe Anm. 49). 56) Vgl. das Verzeichnis der Hauptwerke Sosnoskys bei Wohlgemuth Aus Briefen Torresanis 481 f; Manuskripte in NIS XIII und XV. - Eine von Sosnosky persönlich

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