Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)

TEPPERBERG, Christoph: Mannschaftsmenage. Über das Essen und Trinken in den Kasernen der k. u. k. Armee

112 Christoph Tepperberg sonsorte, an dem er stationiert war, essen, was ihm schmeckte und was er von zu Hause her zu essen gewöhnt war. An der Menage erkannte man deshalb auch die nationalen Eigenheiten der Regimenter des Vielvölkerstaates. Am wenigsten charakteristisch war die Kost der Deutsch-Österreicher. In ihren Menagen vereinten sich Elemente aus den verschiedenen Küchen92). Die magyarische Küche, die fetteste von allen, kannte in erster Linie das Gulyás; in der Menage allerdings mit nur wenig Zwiebeln gedünstet. Der Ungar liebte das Tárhonya als Suppeneinlage, als dritten Gang Lequárta- scherln und Lequámudeln, das sind Mehlspeisen mit Marmelade93). Die oberungarischen Regimenter hatten eine Vorliebe für Milch- und Käsege­richte. Zu den bevorzugten Speisen zählten hier die Topfenhaluschken (Top­fenfleckerln mit Rahm und Speck) und die Topfennudeln94). Die Rumänen und andere Nationalitäten der Bukowina schätzten den Barszcz (Borg oder Barschtsch), jene berühmte säuerliche Suppe der Slawen aus roten Rüben oder gesäuertem Mehl, dann Aegrisch- und Bertramkaechen, salzige Mehlspeisen aus Stachelbeeren, Rahm und Speck beziehungsweise Bertram, Semmelbröseln, Leber und Ei, weiters Turtie, das sind Pogatschen aus Mehl und Schmalz, und schließlich die in den slawischen Ländern beliebten Pirogén, das sind Teigtäschchen mit verschiedener salziger oder süßer Fülle95). Bei den Slowenen und Italienern gab es häufig Heidensterz, Reis-Krapfen, Fidelini (Spaghetti), Makkaroni, Fisolen, Fisolensalat und Risotto96). Mehr als alle anderen Nationalitäten aßen die Tschechen und Mährer Powidl- tascherln, Powidlknödel, Knödel mit Zwetschkensauce und überhaupt alle Knödelgerichte97). Die polnisch-ruthenischen Regimenter bevorzugten Barszcz, Pirogén mit ver­schiedenen Füllen und Pgiczki, die polnischen Krapfen98). Der süddalmatinischen und bosnisch-herzegowinischen Mannschaft wurden regelmäßig - auch mit Rücksicht auf das Klima - alkoholische Getränke, wie Wein, Slivovitz und Rum verabreicht. Hierbei erhielten die Mohammedaner entweder ein Weinrelutum oder eine größere Fleischportion. Da in diesen Ländern ein höherer Gebührentarif (250 g Fleisch) galt, so kamen die Moham­medaner auf eine über 300 Gramm schwere Fleischportion. Trotz des vielen 92) Schöfer Menagen 21 und 140 ff. Das Normalkochbuch nennt lediglich für die Kärntner „den Zwetschken-, Hirse- und Heidekombrei“: Normalkochbuch 53. Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die oft zitierte Arbeit des k. k. Regimentsarztes Hans Schöfer, der im Rahmen eines vom k. k. Militär-Sanitäts-Comitöes ausgeschriebe­nen Wettbewerbs im Jahre 1888 715 Menagezettel in der gesamten Monarchie untersuch­te. Die Arbeit wurde preisgekrönt. Vgl. auch Anm. 28. 93) Normalkochbuch 53; Schöfer Menagen 69 ff u. 145. 94) Schöfer Menagen 63 ff u. 144. 95) Ebenda 86 ff u. 145. 96) Ebenda 96 ff u. 146. 97) Ebenda 40 ff u. 142; Normalkochbuch 53. 98) Schöfer Menagen 53 ff u. 143 f; Normalkochbuch 53.

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