Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 39. (1986)
TEPPERBERG, Christoph: Mannschaftsmenage. Über das Essen und Trinken in den Kasernen der k. u. k. Armee
Mannschaftsmenage 107 V In den Kasernen gab es neben den Mannschafts- und Offiziersküchen auch noch die Küche des Marketenders. Der Marketender, Kantineur oder Traiteur war ein Kleinuntemehmer, oft ein ehemaliger Unteroffizier, der die Konzession zum Verschleiß von Lebensmitteln und Getränken besaß. Genauer gesagt, oblag ihm die „Verabreichung unverfälschter, guter und preisgünstiger Eßwa- ren, Getränke und sonstiger Bedarfsartikel an die Truppe“. Er sollte Speisen aller Art zubereiten und mußte folgende Nahrungsmittel vorrätig haben: an Eßwaren Brot, Mehl, Speck, Selchfleisch, Würste, Käse, Obst, Gemüse „und sonstige von der Mannschaft begehrte Artikel“; an Getränken Bier, Naturwein, fuselfreien Branntwein, Milch, Kaffee, Tee, Fruchtsäfte, Sodawasser, Mineralwasser und Trinkwasser. Der Marketender mußte seine Preise im Verhältnis zu den umliegenden Wirtsstuben und Greißlereien deutlich billiger gestalten; insbesondere beim Bier, wo die Preisdifferenz im Jahre 1907 mindestens drei Heller pro Liter ausmachen sollte"). Die Marketender waren ebenso wie die Traiteure der Gamisons- und Truppenspitäler verpflichtet, eine bestimmte Anzahl von Köchen in ihren Küchen auszubilden, und zwar besonders dann, wenn es bei der Mannschaft an Berufsköchen mangelte. Nur so konnte man im Mobilisierungsfalle über die nötige Anzahl an geeigneten Köchen verfügen. Seitdem die Speisen jeweils für größere Einheiten zubereitet wurden, gab man den täglichen Wechsel der Menageköche auf, da die Bedienung der Herde und Geräte eine gewisse Fertigkeit erforderte. Überhaupt dürfte die Qualität der Menage bei dem oftmaligen Wechsel des Küchenpersonals nicht die beste gewesen sein, — auch wenn, wie es die Dienstvorschrift forderte, die jungen den Ratschlag der älteren erfahrenen Kameraden einholen sollten70). So kam es zur Ausbildung des Grundsatzes von der „Stabilität der Köche“. Das heißt, die bei den Marketendern und Traiteuren geschulten sowie die Berufsköche hatten die Aufgabe, andere Soldaten im Kochen auszubilden, und dies solange, bis auch ihre Schüler vollkommen ausgebildet waren. Das Küchenpersonal sollte so selten wie möglich gewechselt werden, und zwar nur soweit, als es eben für die Schulung eines zahlreichen Nachwuchses nötig schien. Als Köche kamen ausschließlich Soldaten ohne Chargengrad unter Ausschluß der Kadetten und Einjährig-Freiwilligen in Betracht71). Zur Erleichterung der Schulung des Nachwuchses wurde im Jahre 1880 vom Reichskriegsministerium ein Behelf an die Truppen herausgegeben, das Normalkochbuch zur Bereitung der Mannschaftskost in Garnisonen und im Felde nebst Anhang betreffend die verschiedenen Zubereitungs-Arten warmer Ge") Baudienstvorschrift für das k. u. k. Heer 3. Teil (Wien 1907) 139 ff u. 157 ff; DR 1860 68; DR 1873 Pkt. 128; DR 1886 (Neudruck 1909) Pkt. 129; Krassnigg Militär- Humoresken 153 ff. 70) Dienst-Vorschriften 1843 21 f. 71) Tlapek Handbuch 383; Normalkochbuch 5 ff; Kratschmer Vorträge 599 f; DR 1873 Pkt. 236.