Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

PETRITSCH, Ernst Dieter: Der habsburgisch-osmanische Friedensvertrag des Jahres 1547

Der habsburgisch-osmanische Friedensvertrag des Jahres 1547 51 scher Diktion — „den Thronprätendenten Ferdinand zu suchen“8). Mit der Begründung, daß dieser weder in der Hauptstadt des von ihm beanspruchten Landes, noch in seiner Residenz Wien angetroffen worden sei, ordnete der Sultan den Rückzug an. Johann Zápolya, der auf der symbolträchtigen Ebene von Mohács seine Unterwerfung bekundete, erhielt daraufhin „die Burg Ofen geschenkt“9), genaugenommen wurde ihm, da er sich „zur Tributzahlung verpflichtete, . . . die Herrschaft Ungarns übertragen“10). Süleymän war ein ausgezeichneter Propagandist, der den Rückzug von Wien als glänzenden Sieg zu feiern verstand. Ebenso meisterlich wußte er den Mißerfolg des Feldzuges von 1532, dessen erklärtes Ziel ein Kräftemessen mit Kaiser Karl V. gewesen war, zum „Erfolg“, als den er die Erstürmung der „starken“ Festung Güns darstellte, umzuwandeln11). Bald darauf zwangen Aufstände in den stets unruhigen ostanatolischen Pro­vinzen die Osmanen, ihre Nordwestgrenze durch einen Waffenstillstand zu sichern. Im Juni 1533 „gewährte“ Süleymän König Ferdinand erstmals Waf­fenruhe und nahm ihn als „Sohn“ auf, während der mächtige Großwesir Ibrähim Pascha ihn nunmehr „Bruder“ titulierte12). Das Abkommen, das offen­bar nicht schriftlich fixiert wurde, stellt insofern ein Entgegenkommen der Osmanen dar, als sie erstmals ihren Absolutheitsanspruch aufgeben und Ferdi­nand immerhin als Herrscher eines Teiles des Königreichs Ungarn anerkennen mußten. Während des unmittelbar darauf begonnenen Perserfeldzuges, der den Osmanen vor allem die Erwerbung des Zweistromlandes brachte, hielten Ferdinands Truppen den Waffenstillstand weitgehend ein, wofür Süleymän nach Kriegsende auch Worte lobender Anerkennung fand13). Kurz danach, flammten in Slawonien und Dalmatien wieder Grenzscharmützel auf; eine großangelegte habsburgische Vergeltungsoperation endete 1537 vor Esseg mit einer katastrophalen Niederlage, während gleichzeitig auf dem ungarischen 8) So Süleymän und besonders Großwesir Ibrähim Pascha an Ferdinand, 1530 No­vember 17: HHStA Turcica 1 Konv. 5 (1530) fol. 75—81. Das osmanisch-türkische Origi­nalschreiben des Großwesirs in der Bayerischen Staatsbibliothek wurde ediert von Franz Babinger Die älteste türkische Urkunde des deutsch-osmanischen Staatsverkehrs in Der Islam 10 (1920) 143-146. 9) Siegesbericht Süleymäns von 1529: Käldy-Nagy Suleimans Angriff 191. 10) Siegesbericht Süleymäns von 1541: ebenda 191 f. “) Käldy-Nagy Suleimans Angriff 182f. Vgl. auch die Darstellung auf Basis abend­ländischer Quellen von Christine Turetschek Die Türkenpolitik Ferdinands I. von 1529 bis 1532 (Dissertationen der Universität Wien 10, 1968) 325ff. 12) Süleymän und Ibrähim Pascha an Ferdinand, 1533 Juli 4: HHStA Turcica 3 Konv. 1 (1533 Jänner-September) fol. 61-67; ediert von Gévay Urkunden und Acten- stücke 2/1 (1841) 138-140 nn. 66, 67. 13) Süleymän und Großwesir Äyäs Pascha an Ferdinand, 1536 Juli Anfang: HHStA Türkische Urkunden und Staatsschreiben (zit. Türk. Urk.) 1536 Juli Anfang; siehe Gévay Urkunden und Actenstücke 2/3 (1841) 114-116 nn. 89, 90; eine deutsche Überset­zung des osmanisch-türkischen Großwesirsschreibens bei Ludwig Fekete Einführung in die osmanisch-türkische Diplomatik der türkischen Botmäßigkeit in Ungarn (Buda­pest 1926) 1-3 n. 1. 4*

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