Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

PETRITSCH, Ernst Dieter: Der habsburgisch-osmanische Friedensvertrag des Jahres 1547

50 Emst Dieter Petritsch verfolgte jedoch in nur wenigen seiner zahlreichen Feldzüge wirklich klar durchdachte Kriegspläne, er war auch nicht einmal ein bedeutender Stratege4). Seinen ersten Feldzug nach Ungarn unternahm er 1521 aus Rache für die ungebührliche Behandlung seiner Gesandten am ungarischen Königshof; 1526 zog er in den Krieg, um das unterbeschäftigte und daher meuternde Janitscha- renkorps zu besänftigen5). Bei Mohács wurde das zahlenmäßig unterlegene ungarische Heer fast aufgerie­ben, König Ludwig II. fand den Tod, die Hauptstadt Buda wurde ungehindert eingenommen, geplündert und eingeäschert. Dann zog Süleymän mit seinem Heer wieder ab, ohne Besatzungstruppen im Lande zu stationieren, was er mit der zu großen Entfernung von seiner Hauptstadt begründete, und ohne das verheerte Land zu Tributleistungen verpflichtet zu haben6). Die Oberhoheit beanspruchte er aber trotzdem, woraus sich noch manche Differenzen ergaben. Ferdinand zog aus seinem Rückzug nämlich den Schluß, auf Grund der zwi­schen Habsburgem und Jagellonen abgeschlossenen Erbverträge nun die Herr­schaft in Ungarn antreten zu können. Er wurde auch zum ungarischen König gewählt, allerdings nur von einer kleinen Zahl ungarischer Magnaten. Die Mehrheit hatte bereits zuvor den begütertsten Adeligen, Johann Zápolya, zum König gewählt. In ihm sah Ferdinand von nun an seinen Hauptrivalen, obwohl er bereits durch seine ersten, von der Pforte zurückkehrenden Gesandten, Johann Habardanecz (Hobordanecz) und Sigismund Weixelberger, erfahren mußte, daß die Osmanen durchaus nicht auf Ungarn verzichteten7). Ferdinands Erbansprüche wurden osmanischerseits mit der einleuchtenden Begründung zurückgewiesen, Ludwig II. sei in der Schlacht und keines natürlichen Todes gestorben, und sein Land sei vom siegreichen osmanischen Heer erobert worden. Im Jahr 1529 zog Süleymän erstmals mit einem klaren Ziel nach Ungarn, um nämlich die von den Habsburgern besetzte Hauptstadt neuerlich zu erobern, damit die eigenen Ansprüche machtvoll zu demonstrieren und um — in osmani­4) Vgl. dazu vor allem die ausgezeichnete Arbeit von Gy[ula] Káldy-Nagy Sulei­mans Anqriff auf Europa in Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hunqaricae 28 (1974) 163-212. 5) Und nicht, wie immer wieder behauptet wird, auf Bitten des französischen Königs, ihn gegen Kaiser Karl V. zu unterstützen. Dies hieße nämlich den Einfluß der europäi­schen Diplomatie auf die osmanische Politik weit zu überschätzen. Zudem war ein Feldzug gegen Ungarn für Franz I. überhaupt nicht von Nutzen. Vgl. auch Anton C. Schaendlinger Die Feldzug Stagebücher des ersten und zweiten ungarischen Feldzugs Suleymans I. (Beihefte zur Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 8, 1978) 12. 6) Káldy-Nagy Suleimans Angriff 175f; Josef Matuz Der Verzicht Süleymäns des Prächtigen auf die Annexion Ungarns in Ungarn-Jahrbuch 6 (Mainz 1974/75) 38—46. 7) Der Finalbericht im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (zit. HHStA) Staatenabtei­lungen Türkeil (zit. Turcica) 1 Konv. 3 (1528) fol. 2-25; ediert von Anton von Gévay Urkunden und Actenstücke zur Geschichte der Verhältnisse zwischen Österreich, Un­gern und der Pforte 1/2 (Wien 1840) 1-28.

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