Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

PETRITSCH, Ernst Dieter: Der habsburgisch-osmanische Friedensvertrag des Jahres 1547

DER HABSBURGISCH-OSMANISCHE FRIEDENSVERTRAG DES JAHRES 1547 Von Ernst Dieter Petritsch I. Einleitung: Grundsätzliches zu den habsburgisch-osmanischen Beziehungen von 1526 bis 1547. - II. Zur Bedeutung des Friedensvertrages (S. 55). - III. Kurzbiographie des Pfortendolmetschers Mahmud aus Wien (S. 60). -IV. Überlieferung des Vertrages (S. 66). - V. Edition (S. 68). I Der habsburgisch-osmanische Gegensatz um die Herrschaft in Ungarn nach der verhängnisvollen Schlacht bei Mohács (1526) stellt sicherlich eine der interessantesten Epochen in der österreichischen Geschichte dar: Stand doch Ferdinand I., der heute von vielen Historikern als die größte Herrscherpersön­lichkeit des Hauses Habsburg apostrophiert wird1), Sultan Süleymän Kanünl, dem „Gesetzgeber“ gegenüber, unter dessen 46jähriger Regierungszeit das Osmanische Reich seinen unbestrittenen Höhepunkt erlebte. Das Kräftever­hältnis war jedoch ungleich verteilt, denn Süleymän verfügte über die weitaus größeren Machtmittel. Wenn er Befehl zu einem Feldzug erteilte, folgten seine Untertanen, ohne aufzubegehren, da sie ansonsten ihre Dienstgüter und damit ihren Lebensunterhalt verloren. Ferdinand mußte sich dagegen auf unerquick­liche Verhandlungen mit den Ständen einlassen, da er von ihren Zuwendungen abhängig war; zudem wurde er sogar von seinem Bruder, Kaiser Karl V., nur widerwillig unterstützt. Dem Osmanenherrscher bereitete es beispielsweise kaum Schwierigkeiten, von Konstantinopel bis nach Wien zu ziehen, während auf der anderen Seite der Aktionsradius der Truppen des Heiligen Römischen Reiches bestenfalls bis Buda (Ofen) reichte. All dies verlieh der „Türkenfurcht“2) im gesamten Reich natürlich enormen Auftrieb und nährte die Befürchtung, „Süleymän wollte das Abendland er­obern“, eine bis in die heutige Zeit wiederholte Vermutung3). Der Sultan ') Beispielsweise von Berthold Sutter Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) in Katalog Niederösterreichische Landesausstellung Renaissance in Österreich (Wien 1974) 350ff; Rudolf Neck Österreichs Türkenkampf. Versuch einer welthistorischen Ortung in Österreich und die Türken (Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 1, Eisenstadt 1972) 201-211, hier 204. 2) Vgl. dazu Hans-Joachim Kissling Türkenfurcht und Türkenhoffnung im 15. und 16. Jahrhundert. Zur Geschichte eines „Komplexes“ in Südost-Forschungen 23 (1964) 1-18; Carl Göllner Turcica 3: Die Türkenfrage in der öffentlichen Meinung Europas im 16. Jahrhundert (Baden-Baden/Bucure§ti 1978). 3) Sutter Ferdinand I. 353. Mitteilungen, Band 38 4

Next

/
Thumbnails
Contents