Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

AUER, Leopold – BLACK, Jeremy: Ein neu entdecktes Inventar der Gemäldesammlung Prinz Eugens

332 Leopold Auer - Jeremy Black de ein Exemplar davon von dem Konzipisten der Hofkanzlei und späteren Bücherzensor Joseph von Retzer zufällig in einem antiquarischen Buch entdeckt und in einer deutschen Übersetzung 1783 in den Miscellaneen Johann Georg Meusels veröffentlicht 8). Völlig unbeachtet blieb bis jetzt hingegen, daß bereits 1736 der englische Gesandte in Wien Thomas Robinson dem englischen Staatssekretär Lord Harrington9) ein Inventar der Gemäldesammlung Prinz Eugens über­sandte, das er von der Nichte und Erbin des Prinzen erhalten hatte. Es handelt sich dabei um die Beilage zu einem Bericht vom 24. Oktober, der heute in den State Papers Austria des Public Record Office in London aufbewahrt wird10 *). Für wen das Verzeichnis bestimmt war, geht aus dem Bericht nicht hervor. Lord Harrington selbst war hauptsächlich an dem Erwerb von Antiquitäten aus dem Nachlaß Eugens interessiert “), doch wäre es möglich, daß der englische Premierminister Robert Walpole eine Zeitlang an einen Kauf der Gemäldesammlung Prinz Eugens gedacht hat12). Obwohl die Bilder in Robinsons Verzeichnis im Gegensatz zu der fort­laufenden Numerierung bei Retzer entsprechend ihrer räumlichen Unter­bringung nach einzelnen Gruppen zusammengefaßt sind, lassen die weit­gehende Übereinstimmung in der Reihenfolge sowie gemeinsame Ver­schreibungen I3) keinen Zweifel daran, daß beide Kataloge auf eine ge­meinsame Vorlage zurückgehen. Die ersten neun Abschnitte von Robin­s) Joseph von Retzer Gemähldesammlung des Prinzen Eugen von Sa­voyen in Wien in Miscellaneen artistischen Innhalts Heft 15 (1783) 152—168. Das von Retzer entdeckte Exemplar ist seither verschollen, und auch andere Exem­plare des französischen Originaldrucks konnten bisher trotz aller Bemühungen nicht ausfindig gemacht werden; vgl. V e s m e Acquisto 168. 9) William Stanhope Earl of Harrington (1690—1756) wurde 1730 als Nach­folger Townshends Secretary of State for the Northern Department, das für die diplomatischen Beziehungen mit Österreich zuständig war. 10) PRO State Papers Austria 123 (unfoliiert). Die Entdeckung des Inventars ist Jeremy Black zu verdanken, der auch die Bemerkungen über den Über­lieferungszusammenhang und den möglichen Adressaten beigesteuert hat. Die Edition und alle Erläuterungen dazu stammen von Leopold Auer. u) Robinson an Harrington, ebenda. 12) Walpole war einer der leidenschaftlichsten Bildersammler seiner Zeit. Seine Sammlung, die von seinem Enkel an Katharina die Große verkauft wurde und heute den Grundstock der Leningrader Eremitage bildet, umfaßte 1736 be­reits 421 Bilder, die von der Öffentlichkeit auf Walpoles Landsitz in Houghton in Gloucestershire besichtigt werden konnten; vgl. J. H. Plumb Sir Robert Walpole. The King’s Minister (London 1960) 87 und E. J. Climenson (Hg.) Passages from the Diaries of Mrs Philip Lybbe Powys (London 1899) 6. is) Z. B. Vaurmans (1/3 und öfter) statt Wouvermans, Gerard Dau (III/37 und öfter) statt Gerrit Dou, Brouga Sorzi (1/31) statt Brusasorci etc. Retzer hat in seinem Katalog diese Formen verbessert, so daß sie im Variantenapparat der folgenden Edition (unten S. 336ff.) nicht aufscheinen; vgl. aber Retzer Gemähldesammlung 154.

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