Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)
AUER, Leopold – BLACK, Jeremy: Ein neu entdecktes Inventar der Gemäldesammlung Prinz Eugens
EIN NEU ENTDECKTES INVENTAR DER GEMÄLDESAMMLUNG PRINZ EUGENS Von Leopold Auer und Jeremy Black Mit dem Tod des Prinzen Eugen am 21. April 1736 fiel, da ein gültiges Testament erstaunlicherweise nicht vorhanden war'), seine ganze Erbschaft an seine Nichte Viktoria als nächste lebende Verwandte* 2). Die Sammlungen, die er ein ganzes Leben lang zusammengetragen hatte, wurden nun durch den Unverstand und wohl auch durch die finanziellen Schwierigkeiten der Erbin zerrissen und in alle Welt zerstreut3). Es war in dieser Situation ein ausgesprochener Glücksfall, daß die wertvollen Bücher und Handschriften4) des Prinzen geschlossen an die Hofbibliothek gelangten und ein großer Teil seiner Gemäldesammlung vom Turiner Hof gekauft wurde 5). Bereits im Juni 1737 gingen einige Schlachtenbilder Huchtenburgs von Wien nach Turin ab, denen nach längeren zähen Verhandlungen vier Jahre später der Großteil der Sammlung nachfolgte6). Für die Kaufverhandlungen war ein Inventar in französischer Sprache erstellt worden, das 1740 bei der Wiener Buchhandlung Briffaut auch im Druck erschien 7). Mehr als vier Jahrzehnte später wur1) Vgl. Max Braubach Prinz Eugen von Savoyen 5 (Wien 1965) 327 f sowie den Bericht des englischen Gesandten in Wien Thomas Robinson von 1736 April 25: Public Record Office London (= PRO) State Papers Austria 121 (unfoliiert), Teildruck bei Derek Me Kay Prince Eugene of Savoy (London 1977) 243. 2) Zu Viktoria von Savoyen vgl. Max Braubach Geschichte und Abenteuer. Gestalten um den Prinzen Eugen (München 1950) 105—107. 3) Den Anfang machte die Antikensammlung des Prinzen mit den berühmten „Herkulanerinnen“ und dem „Betenden Knaben“, die noch 1736 von August III. von Sachsen-Polen bzw. dem Fürsten Wenzel Liechtenstein erworben wurden; vgl. Rudolf Noll Die Antiken des Prinzen Eugen im Unteren Belvedere in Prinz Eugen und sein Belvedere (Sonderheft der Mitteilungen der österreichischen Galerie, Wien 1963) 57—67 und den Bericht Robinsons an Lord Harrington von 1736 Oktober 10: PRO State Papers Austria 123 (unfoliiert). 4) An ihrer Spitze die Tabula Peutingeriana; vgl. Braubach Prinz Eugen 5 100 f. 5) Max Braubach Die Gemäldesammlung des Prinzen Eugen von Savoyen in Festschrift für Herbert von Einem (Berlin 1965) 35 ff. 6) Nach Aufzeichnungen eines Mitglieds der Leibwache Karl Emanuels III. von Sardinien trafen am 10. August 1741 166 gekaufte Bilder in Turin ein; vgl. Alessandro V e s m e Sull’acquisto fatto da Carlo Emanuele III re di Sardegna della quadreria del principe Eugenio di Savoia. Ricerche documentate in Miscellanea di storia italiana 25 (1887) 256 und Braubach Gemäldesammlung 35. 7) V e s m e Acquisto 178 und 205. Vgl. auch die Vorbemerkung Joseph von Retzers zu dem in der folgenden Anmerkung genannten Katalog.