Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

SCHMIDL, Erwin A.: Zur Geschichte der k. (u.) k. Konsularvertretungen im südlichen Afrika bis zum Ersten Weltkrieg

266 Erwin A. Schmidl waltete 169 * 171). Die österreichischen Bestände wurden, zusammen mit eini­gen US-amerikanischen Akten, in den verschlossenen Räumen der deut­schen Vertretung untergebracht. Am 12. Mai 1915 kam es, anläßlich der Versenkung des englischen Passagierschiffes „Lusitania“ durch ein deut­sches U-Boot am 7. Mai, in Johannesburg zu Tumulten und anti-deutschen Ausschreitungen, die am nächsten Tag auch auf Durban Übergriffen. Deut­sche Geschäfte, Hotels und Häuser wurden geplündert und angezündet, in den frühen Morgenstunden des 14. Mai stürmte der Mob das deutsche Konsulat und zerstörte die Einrichtung. Dabei wurde auch das österreichi­sche Konsulatsarchiv vernichtet 17°). XIV Nur als kurzer Exkurs sei noch erwähnt, daß in Lourengo Marquez (heute Mapudo), dem für den Transvaal so wichtigen Hafen in der Delagoa Bay, ebenfalls eine k. u. k. Konsularvertretung eingerichtet wurde. Entspre­chende Anträge waren seit 1897 unterbreitet worden, doch dauerte ihre Realisierung bis 1903. Mit Allerhöchster Entschließung vom 20. Juli 1903 wurde der deutsche Geschäftsmann Eugen Becker zum k. u. k. Honorar­konsul ernannt m). Bis dahin waren die Interessen der Donaumonarchie und ihrer Untertanen vom kaiserlich-deutschen Konsul Walter wahrge­nommen worden 172). Eine Besonderheit stellt die konsularische Vertretung der Donaumonar­chie im deutschen Schutzgebiet Südwestafrika dar, wo um 1906 über 300 „Conationale“ lebten. Aus geographischen Gründen wurde der Verkehr mit dieser Kolonie ungeachtet der staatlichen Zugehörigkeit meist über Kapstadt, also auf dem Wege der k. u. k. Botschaft in London, abgewik- kelt. Anfangs wurde dies von der deutschen Verwaltung auch anstands­los akzeptiert. 1906 jedoch, wohl im Zuge der wachsenden Rivalität zwi­schen dem Deutschen Reich und Großbritannien, protestierte Berlin gegen diese Mißachtung der Souveränität des Deutschen Reiches: „Die deutsche Regierung erachte es nicht für angängig, einen ausserhalb des Schutzgebietes von Deutsch-Südwestafrika residierenden fremden Konsularver­treter für dieses Schutzgebiet zuzulassen, da bei den grossen Entfernungen ein 169) Es war dies der übliche Vorgang; erst 1917 übernahm Schweden die Rolle des neutralen Vermittlers. Immerhin sollte es zu denken geben, daß Öster­reich-Ungarn, eine Monarchie mit einer der ältesten Traditionen Europas, gerade die Vereinigten Staaten von Amerika als Schutzmacht wählte — jenes Staatswesen also, dessen Entstehung im 18. Jahrhundert auch von Österreich mißtrauisch beobachtet worden war und das lange Zeit als „Außenseiter“ an­gesehen wurde. 17°) Masterson an den Secretary of State Washington, 1915 Mai 18, Durban: Admin. Reg. F 8/125 Mappe Durban 10. 171) Admin. Reg. F 8/160 Mappe Lourengo Marquez 1. 172) Kostanjevic an MdÄ n. 12 P, 1902 Oktober 24, Pretoria: Admin. Reg. F 36/20 Akt 67.

Next

/
Thumbnails
Contents