Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)
SCHMIDL, Erwin A.: Zur Geschichte der k. (u.) k. Konsularvertretungen im südlichen Afrika bis zum Ersten Weltkrieg
K. u. k. Konsularvertretungen im südlichen Afrika 265 notwendig erwies Österreicher zu unterstützen. Herr Münder hat jederzeit durch Tat und Wort die grösste Anhänglichkeit an Österreich-Ungarn bekundet.. Nach Münders Abgang wurde anscheinend erwogen, auch in Natal ein Berufskonsulat einzurichten, was jedoch aus mehreren Gründen für nicht opportun erachtet wurde. Die Zahl der in Durban lebenden Conationalen war eher gering, und die Versuche des Österreichischen Lloyd, eine regelmäßige Dampferlinie in Konkurrenz zu deutschen und englischen Unternehmungen entlang der ostafrikanischen Küste einzurichten, waren kläglich gescheitert. Es lag daher kein dringendes Bedürfnis für eine effektive k. u. k. Konsularvertretung vor. Vor allem aber war zu erwarten, daß der bevorstehende Zusammenschluß der vier südafrikanischen Kolonien (1910) das politische Hauptinteresse endgültig nach Kapstadt bzw. Pretoria/Johannesburg verlagern würde — dort aber bestanden schon seit Jahren k. u. k. Berufskonsulate. Man beschloß daher, sich in Durban weiterhin mit einem Honorarkonsulat zu begnügen, doch fand man erst 1911 einen geeigneten Nachfolger für Münder in der Person des österreichischen Staatsbürgers Karl Schwarz. Schwarz war am 5. Jänner 1876 in Reichenberg zur Welt gekommen, nach der Matura in Brünn als Einjährig-Freiwilliger beim Infanterieregiment No. 3 gewesen und hatte sich mit 25 Jahren zur Auswanderung nach Südafrika entschlossen. Seit April 1901 weilte der gebildete Kaufmann in Durban und hatte es geschafft, sich ein florierendes Geschäft aufzubauen — 1910 besaß er die Mehrheit der Anteile von „Karl Schwarz & Calder“ (Durban) sowie „Karl Schwarz & Co“ (Kapstadt) — und sich als zweitgrößter Obstverfrachter in Südafrika zu etablieren. Seine Agentur beschäftigte sich mit dem Export von Landesprodukten sowie Importen aus Europa und vertrat die Interessen österreichischer, britischer und auch südafrikanischer Firmen 167). Nicht zu Unrecht meinte Konsul von Lieder, Karl Schwarz dürfe in ganz Südafrika „als der einzige Österreicher bezeichnet werden, der sich mit Erfolg emporgerungen hat“, und wäre auch „der erste Österreicher, der in Südafrika für den Ehrenposten eines Honorarkonsuls überhaupt in Erwägung gezogen werden konnte“ 168). Bedauerlicherweise aber mußte Konsul Schwarz, als er das lukrative Angebot einer kanadischen Firma annahm, deren Generalvertretung in London zu übernehmen, schon Ende 1913 um seine Demission ansuchen. Einstweilen fungierte Schwarz’ englischer Teilhaber Robert Brown Calder als Gerent des k. u. k. Honorarkonsulates. Bei Kriegsausbruch 1914 übergab Calder das österreichische Konsulatsarchiv und einige Gegenstände dem Konsul der Vereinigten Staaten von Amerika zur Aufbewahrung, der auch die Amtsräume des kaiserlichen deutschen Konsulates ver168) Lieder an MdÄ n. 7/Res., 1909 Juni 23, Kapstadt: ebenda Mappe 9/1. isi) Schwarz an Botschaft London, 1910 September 20, Durban: ebenda Mappe 9/16. 168) Lieder an MdÄ n. 1521, 1913 November 28, Kapstadt: ebenda 9/31.