Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

SCHMIDL, Erwin A.: Zur Geschichte der k. (u.) k. Konsularvertretungen im südlichen Afrika bis zum Ersten Weltkrieg

K. u. k. Konsularvertretungen im südlichen Afrika 255 als „concentration camps“ bezeichnet wurden. Mit der gängigen Vorstel­lung von Konzentrationslagern, wie wir sie aus der NS-Zeit sowie aus dem kommunistischen Ostblock kennen, hatten diese Camps freilich le­diglich den Namen gemeinsam. Dennoch war die Versorgung der Lager­insassen mit Lebensmitteln und Medikamenten völlig unzureichend, wes­halb während des Krieges mindestens 42.000 Lagerinsassen, davon 14.000 Schwarze, ums Leben kamen. Immerhin gelang es den britischen Behör­den während des letzten Kriegsjahres, die Situation in den Lagern zu ver­bessern. Die ausländischen Konsularvertreter reagierten auf die Errich­tung dieser Lager und fallweise Bitten von Insassen so gut wie nicht; sie waren formal auch unzuständig. Lediglich der portugiesische Generalkon­sul, M. D. Cinatti, protestierte am 30. Mai 1901 als Doyen der ausländi­schen Konsularvertreter gegen die Zustände in den Konzentrationslagern. Auf eine formelle kollektive Demarche wurde aber auch in diesem Fall verzichtet130). Besonders schwer hatte es Kanzleisekretär Kostanjevic, nachdem Konsul Pitner abgereist war und die k. u. k. Expositur formell dem deutschen Konsul Biermann unterstand. Waren die Briten ganz allgemein auf Aus­länder schlecht zu sprechen, so mußte Biermann, der schon vor dem Krieg in Pretoria amtiert und sich mit Sympathiebezeugungen für die Sache der Buren keineswegs zurückgehalten hatte, in besonderer Weise das englische Mißtrauen erregen: „Dieser Umstand machte sich hieramts sofort nach der Abreise Baron Pitner’s ... fühlbar. Viele Gefälligkeiten, welche uns früher seitens der Localbehörden erwiesen wurden, hörten nunmehr auf. Es werden uns vielmehr wie und wo man kann Schwierigkeiten in den Weg gelegt und manches Bene, welches nur wir besassen, gieng verloren ... Mir blieb daher oft nichts anders übrig als selbst privatim einzutreten und hatte ich Dank der Hilfe englischer Freunde oft guten Erfolg. Die Situation der Ausländer wird hierzulande von Tag zu Tag schwieriger. Ich glaube nicht, dass sie sich wie jene unserer Dalmatiner in Neu Seeland zuspitzen wird, dazu sind die Fremden hier zu zahlreich, doch immerhin ist sie der Beachtung wert...“ 131)­Wie bereits erwähnt, übernahm mit 5. November 1903 Vizekonsul Baron Ramberg die Führung der k. u. k. Konsularexpositur Pretoria. Doch mit ihm begann eine neue Epoche: Im Dezember 1903 wurde das Amt von Pretoria nach Johannesburg verlegt. X Noch ein Konsularsitz im Kriegsgebiet muß erwähnt werden: Kimber­ley. Der Leiter der k. u. k. Kommerzkanzlei in London, Generalkonsul iso) Pitner an MdÄ n. 4 P, 1901 Mai 31, Pretoria: P. A. XXXVIII 319 Kon­volut Pretoria 1901. — Zur offiziellen Haltung der Donaumonarchie gegenüber den Kriegsparteien vgl. S c h m i d 1 Österreicher 127—133. isi) Kostanjevic an MdÄ n. 12 P, 1902 Oktober 24, Pretoria: Admin. Reg. F 36/20 Akt 67.

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