Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 38. (1985)

LAUBACH, Ernst: „Nationalversammlung“ im 16. Jahrhundert. Zu Inhalt und Funktion eines politischen Begriffes

.Nationalversammlung“ im 16. Jahrhundert 9 vorausgesetzt37). Unter den Konzilstheoretikern fand die Beteiligung von Laien am Konzil, d. h. im allgemeinen von Königen und Fürsten, noch Befürworter38 *), obwohl die beiden letzten Konzilien (Florenz und das 5. Lateranum) reine Bischofssynoden gewesen waren 89). Den Salzbur­ger Suffraganbischöfen hat möglicherweise als „Nationalkonzil“ eine Kon­ferenz der Bischöfe „deutscher Nation“, zu der erfahrene Theologen — offenbar als Sachverständige — hinzugezogen werden mochten, vorge­schwebt40), so wie die französischen „Nationalsynoden“ von 1438 und 1510 Prälatenkonferenzen gewesen sind. Die Bayern hatten nur unbe­stimmt „von allen gegenten Teutscher nacion from, gélért und verstendig leut“ zusammenrufen wollen 41). Die Empfehlung der Reichsstände an die Vertreter des Kaisers für den Reichstagsabschied ging aber von der Teil­nahme zumindest der fürstlichen Reichsstände aus42), und die wieder einmal nur unzulänglich beteiligten Reichsstädte haben in ihren Erklä­rungen ebenfalls die Mitwirkung von weltlichen Personen unterstellt43). Die Universitäten sollten zu gutachtlichen Äußerungen veranlaßt wer­den, ausdrücklich als Teilnehmer — wie das 1445 der Fall gewesen war — werden sie nicht genannt, vielleicht auch, weil sich ihre Zahl seither ja mehr als verdoppelt hatte. Wenn jedoch der päpstliche Legat in seiner das „Nationalkonzil“ bekämpfenden Stellungnahme argumentierte, es würden zu viele Ungeeignete und „plebs“ dabei sein, so war dies weniger eine zutreffende Wiedergabe der reichsständischen Vorstellungen, viel­mehr variierte er nur die Einwände papalistischer Vertreter gegen die Zusammensetzung der Reformkonzilien des 15. Jahrhunderts 44 *). Die Idee der Reichsstände fand bei dem päpstlichen Legaten keine Ge­genliebe. Campeggio versprach wohl, beim Papst die Berufung eines Ge­neralkonzils zu befürworten, das Nationalkonzil aber lehnte er entschie­37) RTA JR 3 424 f, 431 f, 440; dazu J e d i n Konzil von Trient 1 169 f. 38) Dazu Remigius B ä u m e r Nachwirkungen des konziliaren Gedankens in der Theologie und Kanonistik des frühen 16. Jahrhunderts (Münster 1971) 231 ff. 39) P1 ö c h 1 Kirchenrecht 2 122 f. 40) Acta Ref. Cath. 1 187 Anm. 19: „... demnach so achten die fürsten diser provintz des von nötten sein, das ain gemainer ainhelliger verstandt under aller gaistlichkeit diser nacion gemacht.. 41) RTA JR 4 434 Z.13 f. 42) Ebenda 500 f. Entsprechend berichtete Hannart der Erzherzogin Marga­rete, es sollten Geistliche und gelehrte Laien teilnehmen (ebenda 766 Z. 10). 43) Ebenda 508. Die Städte haben den Terminus „Nationalkonzil“ allerdings nicht gebraucht, sondern sprachen von einem „frei christlich concilium oder ain andere christenliche verhör durch erber, verstendig christenlich personen geistlichs und weltlichs stands“; vgl. ebenda 518 Z.2—4. Dazu auch Hof mann Konzilsfrage 86, 91. 44) RTA JR 4 523. Zu den Angriffen der Papalisten des 15. Jahrhunderts vgl. Jürgen M i e t h k e Die Konzilien als Forum der öffentlichen Meinung im 15. Jahrhundert in Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 37 (1981) 749 f.

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