Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)
MARZAHL, Peter – RABE, Horst – STRATENWERTH, Heide – THOMAS, Christiane: Stückverzeichnis zum Bestand Belgien PA des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien
Rezensionen 517 die sozialen und politischen Aspekte. Dennoch hätte der zu Beginn des Kapitels eingeschlagene Weg unbedingt fortgesetzt werden müssen. Gerade bei einer so komplexen Materie ist ein klares formales Gerüst eine unentbehrliche Basis. Den Hauptteil des Buches bilden die Kapitel 3 bis 6, in denen nach inhaltlichen Gesichtspunkten alle wichtigen Paketmaßnahmen, aber auch eine Fülle von daraus erwachsenen politischen Problemen behandelt werden: Sprache und Kultur (Kap. 3), öffentliche Verwaltung (4), Wirtschaft und Finanzen (5) und Politik (6). A. ist gut und keineswegs einseitig informiert; er bringt regelmäßig die Argumente der SVP, aber auch der italienischen Parteien sowie der deutschen Oppositionsparteien und zeichnet insgesamt ein zutreffendes Bild der sozialen, ökonomischen und politischen Lage Südtirols im Verlauf der 70er und zu Beginn der 80er Jahre. Die größte Schwäche ist auch hier die formale Seite. Daß etwa Schulen, Kindergärten und Universitätsfrage in dieser Reihenfolge besprochen werden, mag noch dahingehen; völlig unverständlich ist, daß die Frage der Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung, die unter dem Schlagwort „Option 1981“ auch in die internationale Presse Eingang gefunden hat, bei Teil 2 („Das Erziehungssystem“) abgehandelt wird, der übrigens im Inhaltsverzeichnis als „Das Erziehungs- und Bildungswesen“ angekündigt wird. Das Kapitel 6 mit der vielsagenden Überschrift „Politik“ ist schließlich eine völlig ungegliederte Aneinanderreihung von mehreren - durchaus wichtigen - Teilbereichen Südtiroler Wirklichkeit, vom Dietl-Streit bis zur Lage der Ladiner. Vielleicht hätte es dem Buch besser getan, wenn es in der ursprünglichen Form publiziert worden wäre: Theodor Veiter, gemeinsam mit F. H. Riedl Herausgeber der Reihe Ethnos, schreibt nämlich in seinem Vorwort, daß der Autor zahlreichen Ergänzungs- und Verbesserungswünschen mehrerer Südtirolexperten Rechnung getragen hat. Vielleicht hätten die Herausgeber aber noch weiter eingreifen sollen. Der Leser kann dies nicht entscheiden. Jedenfalls nicht zu Lasten des Autors geht die Tatsache, daß auf mindestens drei Seiten ganze Zeilen fehlen (S. 26, 33, 182) und daß das Register sehr dürftig geraten ist. Trotz allem: Besser ein inhaltlich wichtiges Buch ohne klare Gliederung und mit schlechtem Lektorat als umgekehrt. So gesehen ist das Erscheinen von A’s Studie höchst begrüßenswert, denn es ist die bislang einzige zusammenhängende Darstellung der Geschichte Südtirols mit Paket, Operationskalender und Entwicklung der Südtirolfrage im letzten Jahrzehnt. Dazu kommt, daß sich Alcock ein eigenständiges Urteil bewahrt hat, das sowohl dem italienischen Verhandlungspartner als auch der SVP gegenüber kritisch zu sein vermag. Das Buch wird deshalb auch dann nicht so schnell überholt sein, wenn es einmal eine formal übersichtlichere Darstellung geben sollte. Im Anhang sind der Pariser Vertrag, das Paket, der Operationskalender und das neue Autonomiestatut abgedruckt. Stefan Malier (Wien)