Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)
MARZAHL, Peter – RABE, Horst – STRATENWERTH, Heide – THOMAS, Christiane: Stückverzeichnis zum Bestand Belgien PA des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien
516 Literaturberichte Antony Evelyn Alcock Geschichte der Südtirolfrage. Südtirol seit dem Paket 1970-1980 (Ethnos 24). Wilhelm Braumüller Universitäts-Verlagsbuchhandlung, Wien 1982. 291 S. Ajitony Evelyn Alcock, bestens bekannt durch seine History of the South Tyrol Question (London 1970), hat nun eine Fortsetzung geschrieben, die die Jahre 1970 bis 1980 umfaßt, ein Jahrzehnt, das für die Geschichte Südtirols von besonderer Bedeutung war. Das Buch ist aber durch einige Rückgriffe bis zum Gruber-De Gasperi-Abkommen von 1946 und weiter bis 1919 in sich abgerundet und eine eigenständige Publikation. A. beginnt seine Darstellung mit der 4. außerordentlichen Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei am 22. November 1969, in der die Partei darüber abzustimmen hatte, ob sie das Ergebnis der jahrelangen Verhandlungen zwischen Bozen, Rom, Wien, Trient und Innsbruck annehmen sollte, nämlich das sogenannte Paket (ein Katalog von 137 „Maßnahmen für die Bevölkerung Südtirols“) und den Operationskalender (18 zwischen Österreich und Italien abgestimmte diplomatische, politische und juristische Schritte mit dem Ziel, dem Paket die nötige internationale Verankerung zu geben). Nach einem gerafften Rückblick auf die Vorgeschichte des Pakets erzählt der Autor den Verlauf der spannenden und in der Tat äußerst bedeutenden Parteiversammlung mit den wesentlichen Argumenten der Paketbefürworter und -gegner. Die Abstimmung endete in den Morgenstunden des 23. November mit einem knappen aber eindeutigen Ja zum Paket. Der Autor sieht die Bedeutung des Pakets zu Recht vor allem darin, daß es der deutschen Minderheit Instrumente in die Hand gab, ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung selbst zu bestimmen und zu einer ausgewogenen Beteiligung an den verschiedenen Wirtschaftszweigen und Berufen zu gelangen. Denn „allzuoft wurde die Erfüllung des rechtlichen Schutzes und des kulturellen Schutzes von Minderheiten von wirtschaftlichen und sozialen Überlegungen losgelöst. Dieser Weg führt jedoch in die Irre. Um in einer Welt raschen wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Wandels überleben zu können, muß eine kulturelle Minderheit die Freiheit haben, sich selbst weiterentwik- keln zu können, um den Anforderungen dieses Wandels zu entsprechen und mit der Majorität Schritt halten und konkurrieren zu können. Der entscheidende Punkt ist, daß kulturelle Macht von wirtschaftlicher Macht abhängt“. So erscheint es folgerichtig, daß die 70er Jahre, in denen die im Paket vorgesehenen Maßnahmen zum größten Teil durchgeführt wurden (wenn auch noch einige wichtige Maßnahmen fehlen), eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs wurden und sogar zu einer Überhitzung der Konjunktur führten. Im zweiten Kapitel berichtet der Autor über die ersten Schritte zur Durchführung des Pakets und parallel dazu über die ersten Schritte gemäß dem Operationskalender. Diese Phase war im wesentlichen 1972 mit der Publikation des neuen Autonomiestatuts und der sogenannten einfachen Gesetze abgeschlossen (Punkt 9 und 10 des Operationskalenders) und es begann die dem Punkt 11 entsprechende Phase „Erlassung der Durchführungsbestimmungen“, in der sich Paket und Operationskalender noch heute befinden. Leider ist dieses Kapitel sehr unübersichtlich geraten. Nur die ersten fünf Schritte des Operationskalenders werden ausdrücklich genannt, die weiteren muß sich der Leser recht mühsam erarbeiten, oder es fehlt überhaupt jeder Hinweis (Punkte 6 und 8). Freilich ist die Darstellung der formaljuridischen Abwicklung nicht das Hauptanliegen des Autors, ihm geht es um das Wesentliche der Probleme, um