Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)

MARZAHL, Peter – RABE, Horst – STRATENWERTH, Heide – THOMAS, Christiane: Stückverzeichnis zum Bestand Belgien PA des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien

Rezensionen 515 desstaat in Mattersburg — wenn auch nur für wenige Tage - die Republik Heinzenland ausgerufen. Die Ereignisse bis hin zur Eingliederung im Jahre 1921 dürfen als bekannt vorausgesetzt werden. Neu und interessant ist jedoch, wie es der Vfn gelingt, die Vereins- und Parteienlandschaft dieser Zeit lebendig werden zu lassen: Aktivitäten und Bestrebungen in Klein- und Kleinstgruppen von Heimatverbänden, die als Vorfeld und Aufbereiter politischer Willensbil­dung wirken. So waren die Großdeutschen in diesen drei Jahren (1918-1921) als Hauptvertreter des nationalen Lagers forciert und kontinuierlich für den Anschluß an Österreich eingetreten, während Sozialdemokraten und Christ­lichsoziale einen eher pragmatischen Kurs steuerten, sensibler auf die jeweilige politische Situation in Ungarn reagierten und in der Burgenlandfrage biswei­len Zurückkhaltung übten. Bis 1921 spielte die zweite nationale Partei, der Burgenländische Bauernbund, wie der Landbund im Burgenland bis 1926 hieß, nur eine untergeordnete Rolle. Erst 1922 fanden Gespräche über eine Zusammenlegung der beiden nationalen Parteien, der Großdeutschen und des Bauernbundes, statt, die auch tätsächlich erfolgreich abgeschlossen wurden und zur Gründung des „Verbandes der Großdeutschen und des Landbundes“ führten. Der Bruch dieser Vereinbarun­gen vor den Landtagswahlen im Oktober 1923 verhinderte jedoch schließlich nicht nur eine Konzentration aller nationalen Kräfte im Burgenland, sondern besiegelte die totale Wahlniederlage der Großdeutschen. Der Landbund zog als einzige nationale Partei in den zweiten Burgenländischen Landtag ein. Außer­dem schuf dieser Bruch in der Folge ein jede politische Zusammenarbeit ausschließendes Konkurrenzverhältnis. Aus dieser politischen Entwicklung innerhalb des nationalen Lagers heraus entwarf die Autorin die Gliederung ihrer Studien. Der erste Teil beschäftigt sich im Anschluß an eine kurze Darstellung der Burgenlandfrage von der Pariser Friedenskonferenz bis zur Konferenz von Venedig mit der Phase der vorwiegend großdeutsch orientierten Landespolitik (1918-1923). Der zweite Abschnitt beschreibt die Aktivitäten des Landbundes als einzigen Vertreters der Nationalen im Burgenländischen Landtag, während eine Analyse der Einflüsse der Bundespolitik auf die Landespolitik nach dem Eintritt des Landbundes in die Bundesregierung nach der Nationalratswahl 1927 im drit­ten Teil den Zeitgeist deutlich macht: Politische Zusammenarbeit wurde klein- und das Aufschieben von Problemlösungen großgeschrieben. So blieb die Bodenreform ungelöst und selbst die Schulfrage, die noch 1926 über einen Antrag Schönbauers im Nationalrat, das Reichsvolksschulgesetz auch auf das Burgenland auszudehnen, mit Unterstützung von Sozialdemokraten und Groß­deutschen gelöst werden hätte können, erfuhr nur eine Kompromißlösung. Kurze Perspektiven auf die Stellung der Heimwehr und der Nationalsoziali­sten im Burgenland bis 1934 sowie eine abschließende Zusammenfassung, in der die Autorin ihre Forschungsergebnisse gleichsam im Zeitraffer noch ein­mal durchspielt und ihre Echtheit vor dem Hintergrund der großen Zusam­menhänge zu prüfen scheint, runden vorliegende Studie ab. Doch sind es gerade die Bausteine, die mit so einfühlender Akribie erarbeiteten und aus Beständen des Landesarchivs Eisenstadt und des Allgemeinen Verwaltungsar­chivs ausgezeichnet belegten Details, die diese Arbeit zu einem gültigen Werk burgenländischer Zwischenkriegspolitik aus der Sicht des nationalen Lagers machen. Manfred Fink (Wien) 33'

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