Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)
SPIELMAN, Danila Cole – THOMAS, Christiane: Quellen zur Jugend Erzherzog Ferdinands I. in Spanien. Bisher unbekannte Briefe Karls V. an seinen Bruder (1514–1517)
8 Danila Cole Spielman und Christiane Thomas holten Werke29) zu kämpfen hatte, muß deutlich betont werden, daß ihn keine Schuld an der Vernachlässigung dieser Quellengruppe trifft. Bauer ist daran unbeteiligt, — wie weit ist aber der Partner Bauers bei der Erfassung der Ferdinandskorrespondenz, der Archivar, involviert? Im Dezember 1904 erhielt Bauer die drei Einzelstücke aus Faszikel 1 der Familienkorrespondenz Aw), der Archivar übergab offensichtlich nicht gleichzeitig das Konvolut 1514—1554, denn auf der Hülle ist keine Einsicht Bauers notiert. Es war natürlich nicht notwendig, für Bauer den ganzen Faszikel auszuheben: Sein Thema war zeitlich begrenzt, frühere und spätere Archivalien, die darin enthalten waren, brauchten nicht berücksichtigt werden. Es ist unvorstellbar, daß bei der entgegenkommenden Förderung, die Bauer von seiten des Archivs genoß31), der Referent wissentlich Schriftenmaterial vorenthielt, das noch dazu von einer Zensur nicht berührt wurde, die in erster Linie Bestände des 19. Jahrhunderts schützen sollte32). Ohne langes Kopfzerbrechen bietet sich eine simple Erklärung an: Wenn der aushebende Beamte beim öffnen des Faszikels neben den drei Schreiben Ferdinands von Aragon und Eleonores nicht das unmittelbar nächstliegende Briefbündel ergriff, so heißt dies nichts anderes, als daß es nicht dort lag! Im Gegensatz zu Bauer, der nichts von seiner Existenz ahnte, hatte der Archivar den „Vorteil“, aufgrund des Thomayerschen Archivbehelfes 298 zu erfahren, daß es 1870 aufgenommen worden und damit eindeutig lokalisierbar und greifbar war. Ob dies ein Vorteil war, ist zu bezweifeln: Das Inventar gab klare Auskunft über die Signatur vor 34 Jahren, kein nachgetragener Zusatz verriet, daß eine Umsignierung oder Umlegung stattgefunden hatte. Selbst wenn nun eine langwierige Suche einsetzte, selbst wenn — dies können wir heute nur vermuten — alle Kollegen um Rat gebeten wurden, war das Resultat negativ. Allem Anschein nach hatte niemand eine weiterführende Vermutung, vielleicht beruhigte man sich mit dem Gedanken, die Übersiedlung in das eben vollendete Archivgebäude hätte den Verlust einzelner Archivalien gekostet. Meiner Meinung nach hätte ein Archivar, einer der erfahrensten und kenntnisreichsten, sich erinnern müssen, was geschehen war, derjenige nämlich, der, soweit dies rekonstruierbar ist, die gleiche Quantität gegenüberzustellen. Die Publikation der Kommission mußte den modernen Anforderungen der historischen Forschung entsprechen, d. h. die für mittelalterliche Urkunden aufgebauten, wissenschaftlichen Editionsprinzipien für Quellen der frühen Neuzeit adaptiert werden. 29) Die Einleitung von Berthold Sutter (Graz 1971) *7-*266 zum Reprint von Franz Bernhard von Bucholtz Geschichte der Regierung Ferdinand des Ersten, 9 Bde (Wien 1831-1838) bezweckt gar nicht, für Ferdinands Jugendjahre in unbekanntes Neuland vorzustoßen, sondern den Fortschritt der Forschung seit Bucholtz aufzuzeigen. Die jüngste Neuerscheinung von Paula S. Fichtner Ferdinand I of Austria: The Politics of Dynasticism in the Age of the Reformation (East European Monographs No. C, Boulder / New York 1982) kann Bauers Anfänge nicht ersetzen. 30) Siehe oben S. 5 und Anm. 17. Ein Kurrentakt für diese Benützung fehlt. 31) Siehe oben S. 7 über die Archivalienentlehnung an das Institut für österreichische Geschichtsforschung. 32) Die Grenze lag bei 1847: Gesamtinventar 1 173*.