Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)

SPIELMAN, Danila Cole – THOMAS, Christiane: Quellen zur Jugend Erzherzog Ferdinands I. in Spanien. Bisher unbekannte Briefe Karls V. an seinen Bruder (1514–1517)

Quellen zur Jugend Erzherzog Ferdinands I. 5 terisieren wir zutreffender Bauers Wissensstand: Er kannte die Brief Samm­lung nicht, d. h. er wußte nicht um ihre Existenz. Hiefür liefert er selbst den Beweis: 1. Der Druck von FK nn. 5 und 8 - die Sandoval- und Weiss-Wiederholungen - wird ohne eine Absicherung des Editors wie bei FK n. 2 (Chmel-Vorlage) abgeschlossen, obwohl sich beide Nummern als Originale nn. 3 und 9 im Konvolut vorfinden. Weiss war einer Überlieferung aus den Granvelle-Papieren in Besangon gefolgt, und für Sandoval ist eine Quellengrundlage Wien auszuschalten. 2. Als Bauer im Oktober 1901 mit der Durchführung der Archivarbeiten im Haus-, Hof- und Staatsarchiv betraut wurde, dachte die Kommission für Neuere Geschichte Öster­reichs an die Herausgabe der gesamten diplomatischen Korrespondenz Ferdinands12), — nach unserer heutigen Beurteilung, der die Kenntnis der Fülle an schriftlichem Niederschlag des 16. Jahrhunderts zugrunde liegt13), ein Gedanke des naivsten Optimis­mus. Diesem Zweck dienten neben den Wiener Archivstudien nicht zuletzt die Aufent­halte Bauers als Stipendiat in Rom und Neapel14). Aber schon Ende 1902 zweifelte er an dem Erfolg eines derartigen Unternehmens und wollte daher die Kopiertätigkeit im Wiener Archiv mit dem Jahreswechsel 1530/1531 beenden15). Im Oktober 1904 erfolgte durch eine Stellungnahme des Praktikers Bauer, der über Archiverfahrung verfügte, die Wende zum Entschluß, sich auf die Familienkorrespondenz Ferdinands zu beschränken. Zur Untermauerung seines praxisbezogenen Vorschlags bediente sich Bauer - in dem Glauben, in Wien alles erfaßt zu haben - zweier Tabellen, die einerseits eine Gesamtzahl von 427 Korrespondenzstücken Ferdinands, Karls, Margaretes und Marias nach Adres­saten nachwiesen und andererseits die Briefanzahl nach Jahren aufschlüsselten. Mit Verwunderung nimmt man zur Kenntnis, daß nach Bauer der erste Brief der Familien­korrespondenz aus dem Jahr 1522 stammen sollte16). Allerdings änderte sich das Bild bereits zwei Monate später, als Bauer zwei Briefe Ferdinands von Aragon an seinen Enkel vom 12. November und 14. Dezember 1515 und einen Brief Eleonores an den Bruder vom 15. Juli 1516 einsah17). An der Tatsache, daß Bauer schrittweise, Jahr um Jahr, sein Wissen um ferdinandeische Quellen vertiefte, ist nichts Besonderes, erstaunlich aber ist, daß die drei Familienbriefe in demselben Karton 1 der Abteilung Familienkor­respondenz A auf bewahrt werden wie das Konvolut der Jugendbriefe Karls ab 1514. Ein einziger Karton - zu Bauers Zeiten noch Faszikel — mußte also gesichtet werden, um alle diese Briefe der Frühzeit zu sammeln, doch Bauer kannte nur einen Bruchteil dessen, was ihm zugänglich und greifbar war. Seine Vernachlässigung des Konvoluts 1514—1554 wird rätselhaft und bleibt rätsel­haft, wenn wir nicht die entscheidende Frage von der Person Bauers weg- und 12) Elisabeth Schulz Wilhelm Bauer. Studien zu Leben und Werk (Dissertationen der Universität Wien 142, Wien 1979) 23. 13) Nur im Teamwork ist ein solches Unternehmen denkbar. 14) Schulz Wilhelm Bauer 25f. 15) Ebenda 57. Offensichtlich sollte der Abschluß mit dem Tod Margaretes am 30. No­vember 1530 gesetzt werden. le) Schulz Wilhelm Bauer 58. Bauers Überblick wollte zeigen, daß mit der „reinen“ Familienkorrespondenz überschaubares Schriftgut vorlag, dessen Publizierung auch tatsächlich zu realisieren war. 17) Benützervermerke vom Dezember 1904 auf den Briefhüllen im Karton 1 der Familienkorrespondenz A. Laut HHStA Kurrentakten ZI. 77/1910 beschäftigte sich Bauer 1910 ein zweites Mal mit diesen Einzelstücken.

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