Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 37. (1984)

SPIELMAN, Danila Cole – THOMAS, Christiane: Quellen zur Jugend Erzherzog Ferdinands I. in Spanien. Bisher unbekannte Briefe Karls V. an seinen Bruder (1514–1517)

4 Danila Cole Spielman und Christiane Thomas bestem Kenner seines Sujets die Relevanz dieser Jugendbriefe zutiefst bewußt gewesen wäre, sollte einfach „vergessen“ haben, die magere Anzahl von fünf­zehn Korrespondenzstücken um zehn zu vermehren? Dieser Vorwurf klingt gedankenlos, in meinen Augen sogar ungerecht. Er wäre verständlich, stammte das Briefkonvolut aus einem spanischen oder belgischen Archiv, das Bauer nur flüchtig besuchte oder das ihm, ohne intensive Nachforschungen angestellt zu haben, auf eine diesbezügliche Anfrage negativen Bescheid erteilte. Aber hier lag das Unbekannte sozusagen vor Bauers Haustür. Selbst wenn er es bei einem ersten Arbeitsgang nicht entdeckt hätte, war nichts verloren: Ab 1903 bis 1913 ist Bauer jedes Jahr in den Kurrentakten des Haus-, Hof- und Staatsarchivs als Benützer nachweisbar8), elf Jahre sollten doch genügen, um die Bestände jenes Archivs, das Bauer in fünf Minuten vom Institut für österreichische Ge­schichtsforschung in der Universität erreichen konnte, gründlich kennenzuler­nen und lückenlos aufzunehmen. Daß sich Bauer tatsächlich nicht mit einer oberflächlichen Suche zufriedengab, zeigt das Beispiel jenes Schreibens Kaiser Maximilians I. an seinen Enkel Ferdinand I. vom 13. Oktober 1514, das er aus Urkunden, Briefe und Actenstücke zur Geschichte Maximilians 1. und seiner Zeit3) übernahm. Trotz der Angabe des Herausgebers Chmel „Orig. Papier. Geh. H. Archiv“10) war der Brief nicht aufzuspüren, und Bauer salvierte sich mit der Bemerkung: „Das Stück selbst, das Chmel als Original bezeichnet, ist im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv nicht aufgefunden worden“11). Bei dieser Vorsicht, die Bauer hier zur Wahrung seines Rufs als Wissenschaftler walten ließ, sollte er so sorglos gewesen sein, das Konvolut 1514-1517 „verges­sen“ oder besser übersehen zu haben? Wenn wir die beiden letzten Verben durch „nicht kennen“ ersetzen, so charak­e) Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien (= HHStA) Kurrentakten ZU. 17 und 116/1903, ZU. 391, 596 und 724/1904, ZU. 59 und 392/1905, ZU. 124 und 413/1906, ZU. 399, 608 und 691/1907, ZU. 894 und 950/1908, ZU. 344 und 746/1909, ZI. 77/1910, ZI. 111/1911 und ZI. 419/1913. 9) Hg. von Joseph Chmel, Vorstand des k. k. geh. Haus-Archivs zu Wien (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart 10, Stuttgart 1845) 354f. 10) Ebenda 355. u) Bauer FK 2 n. 2, —Chmel Urkunden, Briefe und Actenstücke V hatte im Vorwort als Begründung für seine Edition erklärt, er wolle Akten aus der Zeit MaximUians bekannt machen, die vor einigen Jahren (d. h. einige Jahre vor 1845) von Innsbruck „dem Staats-Archive zu Wien . . . zugewachsen“ seien. Wo damals der Brief, der Chmels Handschrift in der Datierung mit dem Zusatz „K. Maximilian an seinen Enkl [!] Ferdi­nand“ trägt, eingeordnet war, ist nicht bekannt, sicher aber nicht in den Beständen Maximiliana (die Bauer für seine Anfänge genauestens durchforstet hatte) und Familien- korrespondenz A 1, aus der Bauer vier Briefe aus dem Zeitraum 1515-1517 (Ferdinand von Aragon, Eleonore und Margarete an Ferdinand) vorlegte. Heute befindet er sich in eben diesem Karton 1, im Konvolut Maximilian I. mit der Foliierung 25 a und 25 b, - ein deutliches Zeichen, daß er zu einem späteren Zeitpunkt, d. h. nach den archivalischen Arbeiten Bauers, eingeschoben wurde. In dem vor und nach Bauers Benützerjahren gültigen Archivbehelf zur Familienkorrespondenz A (Archivbehelf 298) sind 1870 mit Tinte nur drei Schreiben von Maximilian angeführt, die Zahl drei wurde aber mit Bleistift in vier korrigiert: Man trug damit der Einreihung von fol. 25 a und b Rechnung.

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