Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)
SCHÖDL, Günter: Zur Forschungsdiskussion über alldeutsch-deutschnationale Politik in der Habsburgermonarchie und im Deutschen Reich
Referate 417 zu werden. Ferdinand I. war offener und vielseitiger, als S. F. ihn dargestellt hat. Eine genügende politische Biographie dieses Habsburgers haben wir also weiterhin nicht. Vielleicht sind die Vorarbeiten dafür noch nicht weit genug gediehen, war es für den Versuch noch zu früh. Emst Laubach (Münster i. W.) Akten zur Geschichte des Krimkriegs. Serie I: österreichische Akten zur Geschichte des Krimkriegs, hg. von Winfried Baumgart. R. Oldenbourg Verlag, München—Wien. Band 1: 27. Dezember 1852 bis 25. März 1854, bearb. von Ana Maria Schop Soler. 1980. 749 S. Band 2: 30. März 1854 bis 9. September 1855, bearb. von Werner Zürrer. 1980. 1054 S. Band 3: 10. September 1855 bis 24. Mai 1856, bearb. von Winfried Baumgart. 1979. 644 S. Den Anstoß zu der neuen, groß angelegten Quellenedition, deren erste drei stattlichen Bände hier vorzustellen sind, gewann Baumgart aus seiner neuen universalhistorischen Sicht über die Bedeutung und den Stellenwert des Krimkriegs. Er sieht in ihm einen unausgefochtenen Weltkrieg und ordnet ihn in die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges ein: Die Frage sei nicht, warum dieser ausbrach, sondern vielmehr, warum er nicht schon früher ausbrach, weshalb er also so lange verhindert werden konnte. Da 1854—56 auch alle neutral gebliebenen kleinen europäischen Staaten mehrfach vor der Frage Frieden oder Krieg standen, war der Krimkrieg der einzige Konflikt von gesamteuropäischen Dimensionen zwischen der Napoleonischen Ära und dem Ersten Weltkrieg. Hinsichtlich seiner Ansätze zum Weltkrieg verweist B. auf Faktoren strategischer (erster Stellungskrieg, waffentechnische Fortschritte), wehrwirtschaftlicher (Vorformung von Methoden wirtschaftlicher Kriegführung) und geographischer Natur (Nebenkriegsschauplätze Nordeuropa, Ostsee, Weißes Meer, Pazifik) sowie auf die politischen Ausstrahlungen nach Nordamerika (Spannung zwischen Großbritannien und den USA) und Australien (Sorge vor Invasion). Eine nähere Präzisierung dieser Argumente sowie der Behauptung, der Rückzug der russischen Macht aus Mitteleuropa habe den Sieg der Nationalbewegung in Deutschland und Italien ermöglicht, wäre wünschenswert. Die Erforschung des Krimkriegs wurde besonders in letzter Zeit ziemlich intensiv betrieben, — allein 1961—1970 erschienen 334 Arbeiten, allerdings fast nur im angelsächsischen Raum. Auch das Bild von der österreichischen Politik im Krimkrieg ist in Bewegung geraten, besonders durch Waltraud Heindl und Bernhard Unckel'). Editionen für diesen i) Waltraud Heindl Graf Buo'l-Schauenstein in St. Petersburg und London (1848—1852). Zur Genesis des Antagonismus zwischen Österreich und Rußland (Studien zur Geschichte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie 9, Wien—Köln—Graz 1970); Bernhard Unckel Österreich und der Krimkrieg. Studien zur Politik der Donaumonarchie in den Jahren 1852—1856 (Historische Studien 410, Lübeck—Hamburg 1969). Mitteilungen, Band 36 27