Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)

KÖHBACH, Markus: Ein diplomatischer Rangstreit in Istanbul im Jahre 1587

268 Markus Köhbach schließlich durch die Bemühungen Lanscosmes’ freikam. Lubenau ist in seiner Darstellung maßvoll und vermeidet direkte Parteinahme, für ihn scheint es ein schmählicher Zank unter Papisten. Daß Pezzen in seinen eigenen Berichten den Franzosen die Schuld gibt, liegt ebenso nahe wie die Annahme, daß Lans­cosmes in seinen Meldungen an den französischen Hof wohl den kaiserlichen Gesandten für den Zwist verantwortlich macht. Entscheidend für uns ist das Urteil des Großvesirs als neutrale Partei, der sehr deutlich das Mißfallen der Osmanen am Verhalten Lanscosmes’ und ihre positive Beurteilung des Vorge­hens Pezzens zum Ausdruck bringt. Zwar war die Argumentation des Franzosen nicht unbegründet: Die Osmanen erkannten bis zum Friedensschluß von Zsitva-Torok 1606 den Kaiser — diese Würde bekleideten seit 1556 Habsburger der österreichischen Linie - nicht als ebenbürtig und gleichberechtigt an24). Die Habsburger waren in dieser Zeit tributpflichtig, da sie sich den Frieden durch erhebliche Summen erkaufen mußten, wenn man auch in österreichischer Diktion euphemistisch von „Ehrengeschenk“ oder „Präsent“ sprach25). Trotzdem wurde das Vorgehen Lanscosmes’ seitens der Osmanen scharf mißbilligt, wie die offizielle Reaktion zeigt, und es ist vielleicht den guten Beziehungen zwischen Frankreich und dem Osmanischen Reich zuzuschreiben, daß man nicht schärfer vorging. Lans­cosmes hatte sein Ansehen endgültig verspielt, durch die Ereignisse selbst waren das Ansehen und der Ruf der Katholiken schwer geschädigt. 24) Bis zum Frieden von Zsitva-Torok 1606 pflegten die Osmanen in ihrer diplomati­schen Korrespondenz mit dem Kaiser diesen meist abschätzig als Bes qirah - König von Wien - zu titulieren. In den beiden ersten Artikeln des genannten Vertrages heißt es: „§art-i evvel budur ki bizüm gasar élgileri pädigäh hazretleri äsitänesine vara ve öteden berü biri birine gönderdügi nämelerde ogul babaya ve baba ogula yazdiqlan gibi mehabbet üzre yazalar. Ikinci §art budur ki näme-i hümäyünda Roma gasan yazilub qiral yazümaya“ (‘Die erste Klausel ist diese: Die Gesandten unseres Kaisers mögen an die Schwelle seiner Majestät, des Padischahs, gehen. Wie sie schon immer in den gegenseitig geschickten Briefen der Sohn an den Vater und der Vater an den Sohn geschrieben haben, mögen sie [weiterhin] in freundschaftlicher Weise schreiben. Die zweite Klausel ist diese: In den Briefen des Sultans möge Römischer Kaiser, nicht König geschrieben werden’ - nach dem Text bei Mustafa Na'imä Tärib 1 [Istanbul 31280 H. = 1863] 436). 25) Lubenau 1. Teil 201 sagt dazu: „Das also der Turck keinen Frommen von der Present hatt, nur allein den Ruhm, das römische Keiser im nur Tribut geben, und haben die Christen den Schimpf; wier nennen es wol mitt einem höflichen Nahmen die Present. Aber der Turck nennet es Caratsch, das ist Tribut. Wier sagen wegen des Konigkreichs Ungern, so sagt ehr vom Cral von Betsch, das ist vom Könige von Wien, wie den in meinem Pas ausdrücklich stehet, das ich mit dem Caratsch nebenst andern vom Cral von Betsch an den Padissah gesandt worden, das ist mit dem Tribut vom Könige von Wien an den turckischen Keiser gesandt“. Nach der vorangehenden detaillierten Aufstellung (200 f) betrug der Tribut an den Sultan zu jener Zeit jährlich 45.000 Taler, mit den diversen Geschenken für die hohen Beamten insgesamt 71.700 Taler.

Next

/
Thumbnails
Contents