Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)

HUMMELBERGER, Walter: Ein wallonisches Pasquill über die Türken vor Wien im Jahre 1683

EIN WALLONISCHES PAQUILL ÜBER DIE TÜRKEN VOR WIEN IM JAHRE 1683 Von Walter Hummelberger Im Jahre 1937 tauchte in einem Brüsseler Antiquariat das aus dem Nach­laß des Sammlers de Perwez stammende Original eines wallonischen Pas­quills auf; es befand sich in einem Konvolut von Manuskripten und Drucken aus der ehemaligen Benediktinerinnenabtei in Thorn (Nieder­lande) 1), deren letzte Äbtissin eine Tochter des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen Friedrich August III. war. Sie starb 1826 im Alter von fünfundachtzig Jahren; ihr Bruder, Albert Kasimir Herzog von Sach- sen-Teschen, war Generalgouverneur der Niederlande. Der verdienstvolle Entdecker Jean Haust hat als Philologe im Grunde alle Hauptkriterien dieser singulären wallonischen Ballade angeführt* 2). Er charakterisierte das ,Pasquill von 1683“, das bis dahin gänzlich unbekannt war und nir­gends auch nur erwähnt wurde, als nicht nur wegen seines Titels einzig­artig. Darüber hinaus weicht das Thema von den üblichen „Klagen“3), den politischen Pamphleten und den „Gratulationen“ völlig ab; schließ­*) Südwestlich von Roermond, Provinz Limburg. 2) Jean Haust Une „Paskeille“ liégoise de 1683 sur le siege de Vienne in Les dialectes belgo-romans 1 (Bruxelles 1937) 15—27. Vgl. Walter S tur­min g e r Bibliographie und Ikonographie der Türkenbelagerungen Wiens 1529 und 1683 (Graz—Köln 1955) n. 1487. — Den ersten Hinweis fand ich in der tschechischen Halbjahrsschrift Vojensko-historicky sbornik 7 (Praha 1938) 1. Teil 163—168, hier 165, mit Extrakt in tschechischer Sprache: „Valonská kantiléna o obléhání a osvobození Vídné, lícící hrdinské i veselé príbéhy vojenského zivota“, d. h. .Wallonische Kantilene über die Belagerung und die Befreiung Wiens, in der heldenhafte und heitere [sic!] Vorfälle des mili­tärischen Lebens geschildert werden’. Gemeint war damit die Arbeit von Henri Grégoire Une cantiléne wallone sur le „dessiegement“ de Vienne en 1683 in L’Europe Centrale, année 1937, 473 ff. Da diese Zeitschrift in Öster­reich nicht vorhanden ist, beschaffte mir Univ.-Prof. Dr. Felix Kreissler dankenswerter Weise eine Abschrift in Rouen. Die Erstveröffentlichung mit dem Faksimile des Einblattdruckes erfolgte durch Jean Haust (siehe oben), die für eine kommentierte Publikation notwendige Transkription in das Schriftfran­zösische durch Henri Grégoire Une „Paskeille“ wallonne sur la délivrance de Vienne en 1683 in Le Flambeau 20 (Bruxelles 1937) n. 5 (Mai) 587—609, Transkription 593—609; diese verdanke ich meinem Freund Dr. Hugo Schneider, Direktor des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich i. R. 3) Vgl. Walter Hummelberger Weinen und Klagen in den öster­reichischen Landen in Wiener Geschichtsblätter 16 (76, 1961) 350 ff.

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