Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)
KÖHBACH, Markus: Ein diplomatischer Rangstreit in Istanbul im Jahre 1587
Ein diplomatischer Rangstreit in Istanbul 267 und erklärten schließlich, sie würden sie erst dann dem christlichen Kult wieder einräumen, wenn der französische König Lanscosmes, den Verantwortlichen für die Schließung, abberufen würde. Zwar erhielt Lanscosmes von König Heinrich IV. seine Abberufung, doch weigerte er sich, dem Befehl Folge zu leisten, und wurde erst 1592, nachdem er eine Zeitlang als spanischer Spion inhaftiert war, von den Osmanen nach Malta abgeschoben2"). König Heinrich IV. hatte selbst mehrfach um die Wiedereröffnung von San Francesco gebeten21), seinem neuen Gesandten, Francois Savary, Seigneur de Breves, einem Neffen Lanscosmes’, der allerdings für seine Tätigkeit als Diplomat bessere Qualitäten mitbrachte22), gelang es schließlich 1593, die Öffnung zu erreichen. Allerdings ließen sich die Osmanen diese Gunst teuer bezahlen23). Abschließend kann man sagen, daß sich die Schuld an diesen Vorfällen dem französischen Gesandten zuschreiben läßt, wenngleich die vorliegenden Quellen in ihren Aussagen sehr subjektiv sind. Heberer, der sich die Argumentation der Franzosen zu eigen macht, sieht natürlich in Dr. Pezzen den Schuldigen. Das erscheint verständlich, wenn man bedenkt, daß Heberer, der von Pezzen seine Befreiung erhoffte und bei diesem als Protestant auf taube Ohren stieß, remis sus l’esglise S'-Frangois, laquelle il avoit commandé estre fermée pour jamais, sans avoir voulu recevoir aucune offre d’argent que les pauvres Perrots ayent peu faire“. 20) Hammer Geschichte 4 208. 21) Nach Belin Histoire de la Latinité 196 f. Allerdings handelt es sich dabei um einen Brief des Königs vom 20. März 1595 (der Text findet sich bei Ignaz de Testa Recueil des traités de la Porte Ottomane avec les puissances étrangéres, depuis le premier traité conclu, en 1536, entre Suléyman 1 et Franpois jusqu’ä nos jours 3 [Paris 1868] 328). 22) Über ihn Saint Priest Mémoires 201 ff; Biographie universelle 5 (Paris 1854) 502 f. Über seine Erfolge als Diplomat Hammer Geschichte 4 297 f, 680. Sein erfolgreiches Wirken zugunsten der Christen veranlagte den Historiker Mustafä Seläniki zu dem ärgerlichen Ausruf: „Az qaldi ki böyle där-i Islam iginde sarähaten Firanca lacini deläleti ile hälet zuhür eyledi“ (‘Fast hätte sich so im Bereich des Islam offenkundig durch Vermittlung des französischen Verfluchten eine Stimmung [für Frankreich] gezeigt’) - im ungedruckten Teil seiner Chronik, nach der Handschrift H.O. 57, Österreichische Nationalbibliothek, Wien, fol. 393r). 23) Darüber berichtet Bréves in Relation des voyages de Monsieur de Breves, faits en Hierusalem, Terre Saincte, Constantinople, Aegypte, Afrique, Barbarie, qu’aux Royaume de Tunis et Arger, qu’autres lieux (Paris 1630) Anhang: Discours veritable, fait par Monsieur de Breues, dv procedé tenu lors qu’il remit entre les mains du Roy 12-13: „En la ville de Pera, distante et esloignée de Constantinople, . . . , il ya enuiron six ou sept Eglises, servies et habitées de Religieux conuentuels, l’vne desquelles entre les autres, Test par des Cordeliers nőmmé Sainct Francois,. . . Ceste Eglise est demeurée cinq ou six années, sans etre seruie des Religieux qui souloient y demeurer, á cause d’vn debat, qui arriua entre l’Ambassadeur de TEmpereur qui residoit pour lors á Constantinople, et celuy de France, fondé sur la preseance, qu’vn chacun d’eux pretendoit. I’ay en ce bon- heur d’ auoir restably les Religieux dans ceste Eglise, auec permission d’y continuer leurs deuotions, comme auparauant; et cela mesme, auant que j’aye eu Thonneur d’estre Ambassadeur du Roy. Ceste grace ne fut pas de petite consideration, ny de peu de consolation aux Chrestiens de ce pays-lá: ce fut en l’année 1590“. Die Jahreszahl 1590 ist ein Druckfehler, da Bréves erst im März 1593 in Istanbul eintraf; vgl. Belin Histoire de la Latinité 197 Anm. 6. Die erforderlichen Gelder für die osmanischen Behörden wurden teilweise aus dem katholischen Ausland bezahlt, teilweise mußten die katholischen Kirchengemeinden von Galata einen Teil ihres Besitzes veräußern (ebenda 198).