Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 36. (1983)

DIRNBERGER, Franz: Theaterzensur im Zwielicht der Gesetze (1918–1926)

THEATERZENSUR IM ZWIELICHT DER GESETZE (1918—1926) Von Franz Dirnberger Die Übernahme der Wiener Hoftheater in den Besitz der Republik Öster­reich ging nicht problemlos vor sich. Während in der Monarchie die exemten Hofämter fremde Einflußversuche stets mit Entschiedenheit zu­rückwiesen, nützten die lokalen und regionalen Ämter die Rechtsunsi­cherheit nach dem Umsturz, um ein gewisses Mitspracherecht durchzu­setzen. Allerdings war die Begründung zunächst höchst zweifelhaft, und auch das Bundesverfassungsgesetz von 1920 legitimierte die Ansprüche nicht im vollen Umfang. Denn die für private Unternehmungen geschaf­fenen Gesetze und Verordnungen ließen sich nicht ohne weiteres auf die ihrer Struktur nach ganz anders gearteten Hof- bzw. nun staat­lichen Theater anwenden. Zudem wehrten sich die an die Stelle der Hofämter getretenen Bundesbehörden gegen ein Mitbestimmen der Lan­des- bzw. Gemeindeverwaltung. Diesen langwierigen und unerfreulichen Kompetenzstreit beendete schließlich das Parlament durch zwei Novellen zum Bundesverfassungsgesetz 1925 bzw. 1926, — allerdings ohne damit alle offenen Probleme der ehemals exemten Verwaltung zu lösen. Der Verlauf dieses Kompetenzstreites, der die Bau-, Feuer- und Sicherheits­angelegenheiten sowie die Frage der Theaterkonzession betraf, war bereits Gegenstand einer eigenen Studie 1). Zum öffentlich-rechtlichen Komplex gehörte auch die Theaterzensur, eine einst wichtige, aber umstrittene Einrichtung der staatlichen Kontrolle. Ihre Entwicklung in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurde bereits in der schon genannten Studie berücksichtigt. Zur Wahrung des Zusammenhanges 1 2) sei es gestattet, die wichtigsten Bestimmungen kurz vorzuführen, da sich die Behörden der Republik immer wieder darauf beriefen. Die allgemeine Theaterzensur hörte 1848 mit der Auflösung der Polizei­hofstelle für kurze Zeit auf. Nach der Stabilisierung der Lage kam es im Zuge mehrerer Verordnungen 1850 nach dem Beispiel Frankreichs zur Erneuerung dieser Zensur, allerdings unter der Bezeichnung „Auf­1) Franz Dirnberger Von den Hoftheatern zu den Bundestheatern. Be­sitz- und Rechtskonflikte 1918—1926 in MÖStA 35 (1982) 238—281, künftig abge­kürzt Dirnberger Konflikte. 2) Ebenda 259 ff.

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