Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

SAPPER, Christian: Die Zahlamtsbücher im Hofkammerarchiv (1542–1825)

Referate 467 entsprechend der geforderten pseudoreligiösen Hingabe an die nationale Gruppe einen integralen Nationalismus, letztlich konzentriert in der Formel: „Rache für Kosovo“. Den Nationalismus bei den Kroaten untersucht B. ebenfalls an fünf ideologi­schen Ausprägungen - am Beispiel der „Illyrier“, dem von Strossmayer und Racki, Ante Starcevic’, der Sozialdemokratischen Partei Kroatiens und Sla­woniens und der „Nacionalisticka omladina“. Die „illyrische Bewegung“ als einen die ethnische Einheit der Südslawen betonenden und die kulturelle, entfernt auch die politische Vereinigung anstrebenden Jugoslawismus sieht der Autor mit Recht - und nicht zuletzt über die gemeinsame Trägerschicht - in Verbindung mit einer national-kroatischen Bewegung. So hatte Ljudevit Gaj seine Rechtschreibreform 1830 zwar noch auf dem kajkavischen Dialekt aufzubauen versucht, aber schon 1832 entschied sich Graf Jankó Draskovic für den stokavischen Dialekt, 1836 führte ihn auch Gaj in seinen beiden Zei­tungen ein und 1843 hielt Ivan Kukuljevic die erste landessprachliche Sa- bor-Rede in eben diesem Dialekt. In dieser Zeit hatte sich auch der ur­sprüngliche Kroatismus über die „illyrische“ Konzeption zu einem Jugosla­wismus entwickelt, der sich auf die ethnische und sprachliche Verwandt­schaft der Südslawen berief und in kultureller Hinsicht unitarische Züge an­nahm. Aber die Ausbildung eines politischen Nationalismus der Illyrier wurde nicht vom kulturellen Jugoslawismus bestimmt, sondern von der un­befriedigenden politischen und staatsrechtlichen Gesamtsituation der Kroa­ten. Und auf dieser Ebene wurde die Wiederherstellung des Dreieinigen Kö­nigreiches, die „Vertheidigung der alten Constitution“ (Kukuljevic 1842) und die Wahrnehmung dieser Rechte „bis Jajce in Bosnien“ (Bogoslav Sulek 1846) gefordert. Daher spricht B. auch von „Großkroatismus“, wenn Ansprü­che auf die Militärgrenze, Teile Bosniens und auf slowenische Länder erho­ben wurden. Im Revolutionsjahr 1848 verstärkten die Illyrier — nach dem Beispiel anderer Völker - diesen politischen Nationalismus, als sie sich in ih­ren nationalen Forderungen und Landtagsbeschlüssen noch stärker sowohl auf das historische Recht als auch auf das Naturrecht stützten, um eine kroatische Nation als ethnisch-sprachliche Gemeinschaft wie als historisch­politische Individualität zu konstituieren. Für die Typologie des Nationalismus bei Josip Juraj Strossmayer und Franjo Racki zog B. vor allem Reden und Ansprachen des Bischofs von Djakovo und programmatische Artikel des Agramer Domherrn - so über das „Jugoslov- jenstvo“ (Jugoslawentum) 1860 - heran, weiters einen Plan vom Juli 1874 aus dem Strossmayer-Kreis und das Gemeinsame Programm der beiden kroati­schen Oppositionsparteien 1894. Der Autor konstatiert einen „unitarischen kulturellen Jugoslawismus“, der für die Wohngebiete der Kroaten, Serben, Slowenen und Bulgaren gelten sollte und eine bewußte Verdeckung der na­tionalen Differenzierung zwischen Serben und Kroaten (S. 165). Daneben gab es aber auch politische Forderungen im Sinne eines Kroatismus, ja nach 1868 sogar einen „politischen Jugoslawismus“, „der auf die Vereinigung des gesamten Jugoslawentums außerhalb der Donaumonarchie abzielte“ und über die Befreiung der Südslawen Bosniens und der Herzegowina eingeleitet werden sollte (S. 168f). Im Gesamtspektrum der beiden kulturpolitisch füh­renden Männer dominierte allerdings ein gemäßigter, konstitutioneller Na­30*

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