Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

SAPPER, Christian: Die Zahlamtsbücher im Hofkammerarchiv (1542–1825)

468 Literaturberichte tionalismus, der auf die Umgestaltung der Donaumonarchie in eine Födera­tion hoffte. Der umstrittenste nationale Ideologe unter den Kroaten war zweifellos Ante Starcevic, der sowohl als Vertreter des Kroatismus, als Befürworter eines ir- redentistischen und hegemóniáién Großkroatismus und als Symbol für den Pankroatismus, als auch - in Transformation - als Wegbereiter für einen unitarischen Jugoslawismus gedeutet wurde. Von seiner Enttäuschung über das neoabsolutistische Österreich und seiner Auseinandersetzung mit Kara­dzic geprägt, konzentrierte er seinen politischen Nationalismus vorerst auf die Integration und Stärkung der kroatischen Nation, versuchte über das hi­storische Recht - daher „pravastvo“ als Bezeichnung der Ideologie seiner Partei - auch den hegemóniáién Anspruch auf Eingliederung Krains, Kärn­tens und der Steiermark zu begründen und reklamierte „die gesamte Bevöl­kerung zwischen Makedonien und Deutschland, zwischen der Donau und dem Adriatischen Meer“ (S. 181) für das Kroatentum. Besonders deutlich wird Starcevic’ Pankroatismus gegenüber den Serben, deren Namen er ver­unglimpfend deutete und in politischer Hinsicht negierte. In der Exklusivität und Radikalität dieses Nationalismus’ vertrat er über das demokratische Prinzip der Volkssouveränität auch erstmals einen kroatischen integralen Nationalismus. Wie bei den Serben Svetozar Markovié so verband bei den Kroaten die So­zialdemokratische Partei Kroatiens und Slawoniens nationale Frage und so­ziale Emanzipation. Unter dem Einfluß der österreichischen und deutschen Sozialdemokratie und in Zusammenarbeit mit dem Slowenen Etbin Kristan propagierte sie einen kulturellen Jugoslawismus als Vorstufe zu einer „ein­heitlichen Nation“ der Kroaten, Serben, Slowenen und Bulgaren. In staats­rechtlicher Hinsicht setzten allerdings auch die kroatischen Sozialdemokra­ten vorerst bei der Autonomie für Kroatien, Slawonien und Dalmatien an (1895), forderten 1908 „die nationale Vereinigung mit dem Volk Bosniens und der Herzegowina, das mit uns identisch ist“ (S. 195), und beschlossen auf der 1. Konferenz der jugoslawischen Sozialisten, der sogenannten „Tivo­li-Konferenz“ 1909 in Ljubljana, die Vereinigung aller Jugoslawen der Habs­burgermonarchie als autonome nationale Einheit auf der Grundlage des Per­sonalitätsprinzips. Den Nationalismus der kroatischen Sozialdemokraten ty- pologisiert daher B. einerseits als unitarischen (kulturellen) Jugoslawismus, andererseits als reformerischen konstitutionellen Nationalismus. Auch der Nationalismus der „Nacionalisticka omladina“ [Nationalistische Jugend] ist nur in der historischen Entwicklung zwischen 1895 und 1914 zu erfassen, da es viele Vorläufer und Differenzierungen gab. Schon die „Uje- dinjena hrvatska i srpska akademska omladina“ [Vereinigte Kroatische und Serbische Akademische Jugend] an der Universität Zagreb ergänzte mit der Forderung nach nationaler Einheit von Serben und Kroaten den unitarischen ethnischen und kulturellen Jugoslawismus durch einen wenn auch noch nicht näher bestimmten politischen Jugoslawismus, die Protagonisten der „Na- predna omladina“ [Fortschrittliche Jugend] schaffen kurzfristig sogar die Bildung einer „Kroatisch-serbischen Koalition“ (1905) im Sabor, die radikale Wende setzte aber erst nach der Annexion und dem mißlungenen Attentat auf den bosnisch-herzegowinisehen Landeschef General Varesanin ein: Unter dem Einfluß des Literaturhistorikers Skerlic, des Geographen Cvijic und der

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