Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

SAPPER, Christian: Die Zahlamtsbücher im Hofkammerarchiv (1542–1825)

406 Christian Sapper Eine weitere Gruppe von Rechnungsbüchern stellen die Geheimen Kam­merzahlamtsbücher dar. Beim Zahlamt der Geheimen Kammer handelte es sich um eine Kasse, aus der die „privaten“ Geldbedürfnisse des Herrschers befriedigt wurden. Diese Kasse wurde mit verschiedenen, meist sehr sicheren Fonds, in späterer Zeit auch mit dem kaiserlichen Privatvermögen, dotiert; verwaltet wurde sie von einem Vertrauensmann des Herrschers, der, wenn es nicht gerade der Obersthofmeister persönlich war, dem Oberstkämmerer un­terstand. Aus dieser kaiserlichen „Privatkassa“ flössen viele Gelder für künstlerische Zwecke, besonders in der Zeit von Joseph I. bis Maria Theresia. Von Leopold I., Joseph I., Maria Theresia, Joseph H„ Leopold n. und Franz II. haben sich Geheime Kammer Zahlamtsbücher erhalten, wobei sich die Bücher der drei letztgenannten Herrscher im Haus-, Hof- und Staatsar­chiv befinden. Die Bücher belegen die „Ausgaben zu höchst eigenen Hän­den“, also Gelder, die der Herrscher persönlich, z. B. am Spieltisch, als Al­mosen oder als Pension für verdiente Personen, ausgab. Ferner werden die „Extraausgaben“ für Juweliere, Maler, Büchsenmacher etc. belegt. Maria Theresia übernahm es, auch die „Kostgelder“ (Stipendien für Zöglinge des Theresianums, der Müitärakademie, Knaben- und Mädchenkonvikte in der gesamten Monarchie, Sternkreuzorden) und die Auslagen des Hofbauamts mit der Malerakademie aus ihrer Geheimen Kammer zu bezahlen. Eng verwandt mit den Geheimen Kammeramtsbüchern sind die Rech­nungsbücher der Mitglieder der kaiserlichen Familie, die, wenn sie eine eigene Hofhaltung hatten, ebenfalls über die Ausgaben und Einnahmen ihres Hofes Bücher anlegen ließen. Erhalten haben sich solche Bücher von Erzherzog Leopold Wilhelm (Bruder Ferdinands III.), Kaiserin Eleonore (Gattin Leopolds I.), Erzherzogin Maria Elisabeth (Tochter Leopolds I.) und der Kaiserin Elisabeth Christine (Mutter Maria Theresias). Die Bücher von Elisabeth Christine sind besonders interessant, denn hier haben sich noch die Quittungen der einzelnen Lieferanten erhalten. Da diese oft sehr ausführlich sind, kann man im Detail erfahren, was für Anschaffungen für die allerhöch­ste Garderobe getätigt wurden, was die Kleidung der Hofzwerge kostete, wie oft der kleinere Hofmohr ein Klistier benötigte, etc. Die Karneralzahlamtsbücher schließlich stellen die fünfte Hauptgruppe von Büchern dar. In 221 Bänden behandeln sie den Zeitraum von 1715—1762. Die Errichtung des..Kameralzahlamtes steht in enger Verbindung zu jener der Bankalität durch Kaiser Karl VI. und zu dem Bestreben, zivüe und militäri­sche Einnahmen und Ausgaben von einander strikt zu trennen. Der militäri­sche Aufwand sollte ja durch die Kontribution, der zivile durch das Kame­rale gedeckt werden. Die zentrale Verwaltung der Kameraleinkünfte oblag der Hofkammer, das zivile Kassenwesen dem Kameralzahlamt. Der Kameral- zahlmeister unterstand zunächst der Bankalität und nach deren Aufhebung schließlich der Hofkammer, er war also nicht mehr Inhaber eines Hofamtes. Inhaltlich ist das Kameralzahlamt zunächst als Fortsetzung des Hofzahlam- tes zu betrachten, wobei aber nunmehr nur rein zivile Ausgaben und nur rein

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