Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)
LUTTENBERGER, Albrecht: Landfriedensbund und Reichsexekution. Friedenssicherung und Bündnispolitik 1552/1553
Landfriedensbund und Reichsexekution 7 bewegen sollte14). Diese Rücksicht war eine unmittelbare Reaktion auf die im Spätsommer 1552 einsetzende Festigung der kaiserlichen Position, sie bedeutete keineswegs das Eingeständnis, daß die friedenspolitische Verantwortung allein bei der monarchischen Spitze des Reiches liege und die ihr zugewiesene Ordnungskompetenz ausschließlich dort verankert sei. Wohl aber war damit ein Vorrang zugestanden bzw. anerkannt, der allerdings, wie sich zeigen wird, in der Hauptsache als Verpflichtung verstanden wurde und deshalb nur bedingungsweise galt. Die kaiserliche Regierung ihrerseits setzte im Herbst 1552 vor allem darauf, unter Berufung auf die Bestimmungen des Landfriedens die ständische Selbsthilfe zu mobilisieren. Dahinter stand unverkennbar die Absicht, den Markgrafen und sonstige Parteigänger Frankreichs in Schach zu halten und so den lothringischen Feldzug zu entlasten. Die kaiserliche Initiative konzentrierte sich deshalb auf die Hauptunruheherde in Franken und am Rhein. Um ihr erklärtes Ziel, die Büdung regionaler Defensiveinungen, zu erreichen, knüpfte die kaiserliche Regierung an den Organisationsrahmen der Kreisordnung an und suchte zugleich, das Autoritätsgefälle der ständischen Hierarchie zu nutzen. In Franken wurde der ganze Kreis zum Zusammenschluß aufgefordert. Zustande kam freilich nur die sogenannte „fränkische Einung“, in der sich die geistlichen Stände mit Nürnberg und seinen Klientelstädten verbanden15). Im oberrheinischen Kreis wurden nur die elsässischen Stände angesprochen, die denn auch am 28. Oktober eine „Landsrettung“ vereinbarten16). Die rheinischen Kurfürsten, die auf das Ersuchen um Rat und Hilfe zunächst hinhaltend reagiert hatten, wurden auf dem rheinischen Kurfürstentag in Worms mit der Forderung konfrontiert, verbindliche Absprachen für den Verteidigungsfall zu treffen und damit, ihrer besonderen Verantwortung für das Reich Rechnung tragend, anderen Kreisen ein motivierendes Beispiel zur Bildung weiterer regionaler Defensivverbände zu geben, die in ihrem Bereich den Frieden sichern und notfalls dem Kaiser gegen Parteigänger Frankreichs im Reich beispringen konnten17). Der unverkennbaren Tendenz, Maßnahmen zur reichsintemen Friedenssicherung mit den Erfordernissen und Interessen der kaiserlichen Kriegführung gegen Frankreich zu verquicken, begegneten die Kurfürsten mit dem Versuch, beide Bereiche jeweils verschiedenen Entscheidungsebenen zuzuordnen. Danach mußte die Frage der ständischen Solidarität mit dem 14) Vgl. Bernhard Sicken Der Heidelberger Verein (1553-1556). Zugleich ein Beitrag zur Reichspolitik Herzog Christophs von Württemberg in den ersten Jahren seiner Regierung in Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 32 (1973) 320-435, hier 328—331 und Lutz Christianitas afflicta 186 f. ls) Vgl. Fritz Hartung Geschichte des fränkischen Kreises. Darstellung und Akten 1: Die Geschichte des fränkischen Kreises 1521-1559 (Neudruck Aalen 1973) 208 ff. 16) Vgl. Karl V. an den Bischof von Straßburg, 1552 Oktober 12 Kaiserslautern: HSTA München Kasten schwarz 4232, und den Abschied der Stände im oberen und unteren Elsaß, 1552 Oktober 28 Straßburg: ebenda. 17) Vgl. hierzu und zum folgenden Druffel Beiträge 2 758 f n. 1754, 763 n. 1761 und Ernst Briefwechsel 1 809 f n. 806.