Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)
LUTTENBERGER, Albrecht: Landfriedensbund und Reichsexekution. Friedenssicherung und Bündnispolitik 1552/1553
8 Albrecht Luttenberger König/Kaiser im französischen Konflikt, weil sie nicht nur die Kurfürsten, sondern alle Stände betraf, auch die Leistungsfähigkeit der rheinischen Kurfürsten überforderte, Gegenstand von Reichstagsverhandlungen sein. Zur Sicherung des inneren Friedens im Reich schlugen die Kurfürsten umgehende Maßnahmen des Kaisers zur Verbesserung der kreisintemen Verteidigungsorganisation und zur Koordination kreisüb ergreifender Aktionen mehrerer Kreise vor. Diese Koordination sollte nicht institutionell abgesichert, sondern der Weisungs- und Ordnungsbefugnis des Königs/Kaisers überlassen sein18). Der kaiserliche Gesandte, Dr. Heinrich Has, erkannte nicht die Chance, die sich hier für eine aktive kaiserliche Reichspolitik bieten konnte, wenn man sie von den auswärtigen Interessen Karls V. überzeugend trennte. Aber eben dies galt - zumindest gegenwärtig - in der Perspektive der kaiserlichen Regierung nicht als wünschenswert. Has bestand hartnäckig auf konkreten wechselseitigen Hilfszusagen der Kurfürsten für den Verteidigungsfall und betonte gerade jetzt besonders nachdrücklich, daß Autorität und Einfluß der rheinischen Kurfürsten geeignet seien, die Kreise auf eine gemeinsame Position festzulegen, also koordinierend zu wirken19). Daß die Kurfürsten schließlich diesem Druck nachgaben, sich zu konkreten Hilfsvereinbarungen für den Fall des Landfriedensbruches verstanden, ohne den Sonderfall des kaiserlich-französischen Konfliktes ausdrücklich ausklammem zu können, und diese Beschlüsse auch den ausschreibenden Ständen der anderen Kreise mit der Anregung zu ähnlichen Maßnahmen mitteilten20), fand nicht die von Has prophezeite Resonanz. Das hing wohl auch damit zusammen, daß zwischen den Zeilen des Begleitschreibens, mit dem die Kurfürsten den Wormser Abschied übersandten, durchaus erkennbar blieb, daß dieser Abschied den eigentlichen Intentionen seiner Unterzeichner nicht entsprach. Verhängnisvoller aber war sicherlich, daß ihn die Umstände seiner Entstehung mit dem Odium belasteten, Produkt der antifranzösischen Strategie der habsburgischen Politik zu sein. Daß er durchaus Anregung für die Verbesserung der Kreisdefension sein konnte, trat so kaum ins Bewußtsein. Soweit erkennbar, stellte nur Bayern im Januar/Februar 1553 - ob durch den Wormser Abschied unmittelbar beeinflußt, muß dahingestellt bleiben - ähnliche Überlegungen an21). Die kaiserliche Regierung tat unterdessen nichts, um die ande18) Vgl. die Erklärung der rheinischen Kurfürsten auf die Werbung des kaiserlichen Gesandten Dr. Heinrich Has, 1552 Oktober 26 Worms: HSTA München Kasten blau 105/4B unfol. 19) Vgl. die Antwort Has’ auf die in Anm. 18 angezogene Erklärung der rheinischen Kurfürsten [1552 Oktober 27 Worms]: HSTA München Kasten blau 105/4B unfol. 20) Vgl. den Abschied des rheinischen Kurfürstentages zu'Worms, 1552 November 2: Staatsarchiv Koblenz 1 C 9199; außerdem z. B. Druffel Beiträge 2 805 f n. 1818 und Ernst Briefwechsel 840 n. 838. 21) Vgl. die Instruktion Herzog Albrechts V. von Bayern für Dr. Georg Stockhammer und Hans Peter Preysinger zu dem auf den 2. Februar 1553 ausgeschriebenen Kreistag in Regensburg, 1553 Januar 30 München: HSTA München Kasten schwarz 13900 fol. 544-547, hier fol. 546—547. In Regensburg verschob man mangels Vollmacht der Gesandten die Beratung über die Anregung Bayerns auf künftige Kreistage. Vgl.