Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 35. (1982)

WEILING, Franz: Die philosophische Lehranstalt in Brünn (1808–1849) und die österreichische Bildungspolitik jener Zeit. Ihre Bedeutung für die Entdeckertätigkeit Johann Gregor Mendels

118 Franz Weiling den Gutachten des Vice-Direktors der Philosophischen Studien der Universi­tät Wien erhalten geblieben. Die beiden Kandidaten für das Fach der Allge­meinen Weltgeschichte hatten eine bereits einige Jahre zuvor abgelegte Prü­fung in diesem Fach nicht bestanden. Bei einem dieser beiden handelt es sich um den Benediktiner Gregor Wolny (1793-1871), der später mit umfangrei­chen Veröffentlichungen zur Geschichte Mährens und Brünns hervorgetreten ist21 22). Er wird diesmal sehr anerkennend gewürdigt („Wolny ist schon ein ge­standener Historiker“), wohingegen sein Konkurrent aus dem Altbrünner Stift erheblich abfällt. Die Prüfungsarbeiten dieser beiden zur Griechischen Phüologie sind nicht sehr befriedigend. Ebenso wird die lateinische Darstel­lungsweise beider kritisiert. Von Bedeutung erscheint die nachstehende Be­merkung des Vice-Direktors der philosophischen Studien der Universität Wien in seinem zusammenfassenden Bericht: „Die Herren Prälaten [gemeint sind die Vorgesetzten dieser Kandidaten] würden am klügsten thun, wenn sie junge Stiftspriester auf einige Jahre an die nächste Universi­tät beorderten. Die systematischen Vorträge der Fakultätslehrer, die Hilfsquellen in den Bibliotheken und der nähere Umgang mit Sachkennern würde ihre Reife beför­dern ...“ 2i). Allerdings findet eine ähnliche Bemerkung des gleichen Vice-Direktors vier Jahre später in der abschließenden Beurteilung der Prüfungsarbeit des Ma­thematikers Thaler deutliche Ablehnung von seiten des zuständigen Referen­ten der Studien-Hofkommission Powondra, wovon noch die Rede sein wird. Zwischen den drei mährischen Ordensstiften war nach Vorliegen des die Ab­lösung der Piaristen-Professoren bestimmenden Hofdekretes die Abmachung getroffen worden, daß das Stift Raigem den Religionslehrer sowie den Pro­fessor der Allgemeinen Weltgeschichte und der Griechischen Phüologie, das Stift Neureisch den Professor der Physik und angewandten Mathematik, schließlich das Stift Altbrünn die Professoren für Theoretische und prakti­sche Philosophie sowie für Reine Elementarmathematik steHen sollten23 24). Dennoch waren zu den erwähnten Prüfungen für jede Professur mit Aus­nahme der Physik zwei Kandidaten präsentiert worden, wobei jeweüs der zweite Kandidat nicht aus dem Stift stammte, dem die Pflege dieses Faches laut Abmachung oblag23“). - Auf Grund dieser Prüfungen wurden mit Dekret der Studien-Hofkommission vom 27. Juli 1820 drei der fünf Professorensfel- len endgültig besetzt: die Professur für Religionslehre mit einem Benedikti­ner aus dem Stift Raigem (Benedikt Richter, 1791—1859)M), die Professur der 21) Siehe Wurzbach BLÖ 58 (1889) 73ff, ADB 44 (1898) 161 f und Maurus Hin­ter Vitae monachorum qui ab anno 1613 in monasterio O.S.B. Raihradensi in Moravia professi in Domino obierunt (Brunae 1908) 119ff. - Die erwähnte Prüfung fand am 3. und 4. Juli 1817 in Olmütz statt: StHK 354 ZI. 3978/1818. 22) Gutachten des Studien-Vicedirektors Franz Wilde 1820 Juni 20 (wie Anm. 20). 23) Schreiben des Prälaten Benedikt Edler, Altbrünn 1821 Juli 20 in StHK 372 ZI. 5287/1821. 23a) StHK 372 ZI. 4639/1820. 24) Biographie von Hörmann in ADB 21 (1889) 451 und Hinter Vitae llOff. - Richter hatte mit Genehmigung des Gouverneurs von Brünn bereits im vierten Jahr sei­

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