Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DOPSCH, Heinz: Friedrich III., das Wiener Konkordat und die Salzburger Hoheitsrechte über Gurk

54 Heinz Dopsch Allgemein anerkannt ist heute auch die Würde des Salzburger Erzbischofs als Primas Germaniae, obwohl es dafür keine päpstliche Verleihung gibt. Die Stellung eines Primas, der in der kirchlichen Hierarchie nach den Pa­triarchen aber vor den Erzbischöfen rangiert45), wurde von Papst Jo­hann XII. 962 dem Erzbischof Wilhelm von Mainz verliehen46), blieb aber zunächst ohne praktische Bedeutung. Die Situation änderte sich erst, als die drei geistlichen Kurfürsten durch die Goldene Bulle Karls IV. 1356 besondere Vorrechte erlangt hatten. In dem folgenden Streit um den Vorsitz auf der geistlichen Fürstenbank im Reichstag beriefen sich die Erzbischöfe von Mag­deburg auf ein gefälschtes Primatsprivileg47), während man in Salzburg auf die Würde eines geborenen Legaten pochte. Das Vordringen der Reformation im Erzbistum Magdeburg nahm Kardinal-Erzbischof Matthäus Lang zum Anlaß, um sich 1529 erstmals selbst Primas Germaniae zu nennen. Während Lang und sein Nachfolger diesen Titel nur sporadisch führten, hielten in Magdeburg sogar die protestantischen Administratoren bis 1648 daran fest48). Erst nach der Säkularisation Magdeburgs wurde Salzburg allgemein der Primat zugesprochen und 1691 durch eine Dezision der Rota Romana be­daß der Salzburger Erzbischof Sigmund von Volkersdorf „wie ein Kardinal“ (also mit den Insignien eines apostolischen Legaten) in Wiener Neustadt eingezogen sei (vgl. Anm. 143). Der Legatenpurpur, den z. B. der Patriarch von Lissabon ausdrücklich nach dem Vorbild Salzburgs erhielt, wurde Salzburg von der Zeremonialkongregation im Jahre 1854 bestätigt. Seit dem Kleidererlaß Papst Pauls VI. besteht zwischen der Purpurkleidung der Kardinäle (der große Kardinalshut und der Purpurmantel aus Leinen wurden abgeschafft) und der Legaten kein Unterschied mehr. Vgl. dazu Carl Holböck Das Salzburger Privileg der freien Verleihung der Suffraganbistümer in Festschrift Hans Lentze (Innsbruck—München 1969) 325; Nikolaus Grass Der Wiener Dom, die Herrschaft Österreich und das Land Tirol (Innsbruck 1968) 8; Friedrich Hermann Geistliches Leben in Geschichte Salzburgs — Stadt und Land 1/2 (Salzburg 1982). 45) Hinschius System des katholischen Kirchenrechts 1 (1869) 581-632; Karl Weinzierl Artikel Primas in Lexikon für Theologie und Kirche (= LThK) 8 (Freiburg 21963) Sp. 760. 46) Der Primat des Erzbistums Mainz, der nur in einem Palliumsprivileg des Pap­stes Benedikt VII. für Erzbischof Willigis 975 erwähnt wird (Mainzer Urkundenbuch 1: Die Urkunden bis zum Tode Erzbischof Adalberts I. [1137], bearb. v. Manfred Stim- ming 133f n. 217), wurde von Helmut Beumann Die Bedeutung Lotharingiens für die ottonische Missionspolitik im Osten in Rheinische Vierteljahrsblätter 33 (1969) 32 und 36 ff mit guten Gründen auf ein verlorenes Primatsprivileg Papst Johanns XII. für Erzbischof Wühelm von Mainz aus dem Jahre 962 zurückgeführt. Damit ist es älter als die Trierer Primatsprivilegien von 969, 973 und 975: Philipp Jaffé - S. Loewenfeld (Edd.) Regesta Pontificum Romanorum 1 (Lipsiae 21888) (= JL) nn. 3736, 3768, 3783.' Vgl. Beumann Die Bedeutung Lotharingiens 29ff. 47) JL nn. 3729 und 3730. Dazu Beumann Die Bedeutung Lotharingiens 32 und 35 ff. Zum Streit zwischen Magdeburg und Salzburg um den Vorsitz auf der geistli­chen Fürstenbank ist immer noch Karl Palm Über den Primat des Erzstiftes Magde­burg in Forschungen zur deutschen Geschichte 17 (Göttingen 1877) 231-274 zu ver­gleichen. 48) Palm Über den Primat 266ff; Leopold von Ranke Zur deutschen Geschichte vom Religions frieden bis zum dreißigjährigen Krieg (Sämtliche Werke 7, Leipzig 1868) 113ff und 266ff.

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