Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

26 Heide Dienst der Markgraf und seine Frau gemeinsam als Handelnde auf. Eine eingehende Auseinandersetzung mit diesem Aspekt der Klostemeuburger Frühgeschichte ist einer späteren Veröffentlichung Vorbehalten92), nur sei bereits jetzt dar­auf hingewiesen, daß Markgraf Leopold auf Anregung seiner Frau die Ausge­staltung Klosterneuburgs als kirchliches und zum Teil auch politisches Zen­trum in Angriff genommen haben könnte93); die Versorgung Melks mit rei­chen Pfarrpfründen könnte den Abschluß der intensiven Verbindung seiner Familie mit diesem Kloster gebildet haben, als das neue Kollegiatstift zur neuen Grablege ausersehen wurde94). Die enge Verbindung zwischen Fami­lieninteressen und kirchlichem Splendor erhellt auch aus der Tatsache, daß ein Sohn des Markgrafen als Leiter der neuen Gemeinschaft ausersehen war95). Daß die Pläne Leopolds schließlich in der ursprünglich geplanten Form nicht verwirklicht worden sind, lag an geänderten personellen und po­litischen Verhältnissen96). Keineswegs aber muß man eine Gründung des Kollegiatstiftes durch Leopold III. nur deshalb ausschließen, weil er durch Mithilfe dieses Bruders zustande gekommen ist (MG DK III nn. 36, 37); zu Weihnach­ten hielt er sich in Lorch auf, privilegierte die Stiftung seiner Mutter und seines Va­ters, bestätigte damit deren Unterstellung unter den päpstlichen Stuhl (DK III n. 38) und ließ die Gebeine seiner Ahnen aus dem Kollegiatstift in die Klosterkirche übertra­gen. Das ist insofern bemerkenswert, als im Jahr 1139 sonst keine bayerischen Belange urkundlichen Niederschlag gefunden haben. Zum Papstprivileg (Klosterneuburg er­hielt zur gleichen Zeit ein ähnliches, vgl. oben S. 13) vgl. Germ. pont. 2/1 106 n. 1. Lorch liegt in der Diözese Augsburg, Bischof war damals der Vohburger Hermann, der in den Überlegungen zur Klostemeuburger Frühgeschichte eine nicht unbeträchtliche Rolle spielt (FRA 2/4 nn. 116, 1108); vgl. auch Wolfgang Peters Die Gründung des Prämonstratenserstiftes Ursberg. Zur Klosterpolitik der Augsburger Bischöfe im be­ginnenden 12. Jahrhundert in Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 43 (1980) 575-588. 92) Hans Ubl bereitet eine Arbeit über dieses Thema aus archäologisch-bauge­schichtlicher Sicht vor. 93) Vgl. dazu Dienst Dominus vir 26f. 94) Aller Wahrscheinlichkeit nach waren die Babenberger vor Leopold III. - von begründeten Ausnahmen abgesehen, aber Leopold II. eingeschlossen - in Melk beige­setzt; vgl. dazu Johann Jungwirth Die Babenbergerskelette im Stift Melk und ihre Identifizierung in Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien 75 (1971) 661 ff bzw. dsbe Fortschritte bei der Identifizierung der im Stift Melk beigesetzten Babenber­ger in Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft 107 (1977) 82-89; Heide Dienst Die Dynastie der Babenberger und ihre Anfänge in Österreich in Das baben- bergische Österreich (= Schriften des Instituts für Österreichkunde 33, 1978) 27 ff. Über Leopold III. vgl. Viktor Lebzelter - Gabriele Thalmann Die Reliquien des heiligen Markgrafen Leopold III. von Österreich in St. Leopold. FS hg. v. Siegfried Wintermayr (Klosterneuburg 1936) 78-89. Die Untersuchung der im letzten Jahr ge­borgenen Überreste der Familienangehörigen Leopolds wird weitere Aufschlüsse brin­gen. 95) Vgl. die Zusammenstellung der wichtigsten Daten für die Propstzeit des jugend­lichen Otto, später Bischof von Freising, der zunächst im Alter von etwa 14 Jahren zu einer gründlichen Ausbildung nach Paris geschickt wurde, wozu die Einkünfte aus der Propstei den finanziellen Rückhalt bieten sollten, bei Rill Pröpste 31 f. 96) 1132 trat Otto mit seinen Freunden in die Zisterze Morimond ein. Vgl. auch un­ten S. 40.

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