Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

24 Heide Dienst angehörten, wo sie ihre Ausbildung erhielten, und daß sie erst in einem spä­teren Stadium ihres Lebens Pfarrer und Kanoniker waren84). Uber die Art ihrer gegenseitigen Beziehung (Verwandtschaft?) können wir nur Mutmaßungen anstellen. Mehrere der zahlreichen Brüder des Opold dürften Kanoniker in Klosterneuburg gewesen sein, eine Konstellation, die sich mit Gerhoch von Reichersberg in diesem Stift und in Klosterneuburg in der zweiten Jahrhunderthälfte wiederholte. Sehr aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang eine Klostemeuburger Aufzeichnung, nach der der Kanoni­ker Opold mit Zustimmung seiner „fratres carnales et spiritales“ seinem Bruder Erchenbert und dessen Frau Hazicha das Gut Rietendorf auf Lebens­zeit zur Nutznießung überließ, das er vom Abt Engelschalk von Melk zuvor gekauft hatte85). Erchenbert (Erchenbrecht) ist der Leitname der Burggrafen von Gars, worauf noch zurückzukommen sein wird86). Zudem lernen wir in der Zeugenreihe dieser Notiz als weitere Brüder („germani“) Albert, Hartwig und Pilgrim kennen. Hartwig hieß auch der Pfarrer von St. Agatha, und es ist naheliegend (wenn auch unbeweisbar), daß es sich um dieselbe Person handelt. Nicht nur aus dieser Tradition, sondern auch aus mehreren anderen wissen wir von intensiven Geschäftsbeziehungen zwischen Melk und Klo­sterneuburg, auch in Hinblick auf die Melker Pfarren: In Ravelsbach z. B. hat Klosterneuburg alte Rechte gegen ansehnliche Entschädigung aufgege­ben87). Grund für diese, soweit wir noch feststellen können, nicht einfachen Transaktionen dürfte die ordnende Hand und der Gestaltungswille des Markgrafen gewesen sein. In unserem Zusammenhang verdienen aber auch Kleriker Erwähnung, die noch keine Priesterweihe hatten oder sie überhaupt nicht anstrebten, aber doch Pfarrvikare gewesen sein dürften: So übertrug vermutlich vor 1122 ein Püigrimus diaconus de Mistelpach zwei Hörige an Klosterneuburg, erster Zeuge ist Pilgrim, Bruder des soeben erwähnten Opold. Viel­leicht gehörte er dem Klosterneuburger Kapitel an, vielleicht stand er zu den Herren von Mistelbach in verwandtschaftlicher Beziehung. Ein zweiter Fall, wo ein Verwand­ter (Sohn) eines Grundherrn procurator ecclesie sein sollte: Adalgoz von Aspam/Zaya übertrug sein Eigengut in Aspam an seinen gleichnamigen Sohn, der Subdiakon war. Da mit dem Tod des Zölibatärs das Aussterben der Familie offenbar vorhersehbar war, wurde der Besitz an den Pankrazaltar (Patrozinium von Asparn) zum Seelenheü des Markgrafen Leopold und seiner Vorfahren übertragen. Der Subdiakon sollte pro­curator der Kirche sein, offenbar also Seelsorger (ob er gleichzeitig Kanoniker in Klo­sterneuburg war?). Falls diese Bestimmung nicht eingehalten werde, sei der Vertrag gegenstandslos, der nächste Erbe könne den Besitz einziehen, der damit „in eas manus 84) Über die Schule ebenda 45f, 56f; über Opold und Immo in Klosterneuburg Rill Pröpste 13, 32 f. 85) FRA 2/4 n. 117; vgl. dazu nn. 21-23, 118. 86) Vgl. unten S. 30, 32f. 87) Vgl. FRA 2/4 nn. 123, 146; Lechner Beiträge 125ff.

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