Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)
WANNER, Gerhard: Die Spitzbergenfrage zwischen 1908 und 1912 und die k. u. k. Gesandtschaft in Stockholm
Die Spitzbergenfrage zwischen 1908 und 1912 277 Zusammenkunft fest19). Der schwedische Außenminister Taube lehnte jedoch weiterhin eine solche Konferenz ab und beharrte auf Besprechungen „ä trois“ auf der Basis der schwedischen Vorschläge. Taube begründete seine Haltung damit, daß er keiner Konferenz unter dem Vorsitz Norwegens zustimmen könne, daß die westeuropäischen Vertreter Norwegen einseitig begünstigten und die so unterschiedlichen Entwürfe Schwedens und Norwegens auf dem Konferenztisch zu keinem positiven Ende der Verhandlungen führen könnten. Der k. u. k. Gesandte Dumba war über die Haltung Taubes nicht glücklich. Er fürchtete, Schweden treibe durch seine Forderung nach Dreiergesprächen „ohne es zu wollen, immer mehr in russisches Fahrwasser“. Außerdem spitze sich die Differenz mit Norwegen, wie ihm Taube persönlich mitgeteilt habe, zur „Crisis zu“20). Als die norwegische Regierung erkennen mußte, daß außer den USA niemand ihre Haltung unterstützte, machte sie den geschickten Vorschlag, sich vor einer internationalen Konferenz mit Schweden und Rußland zu Dreiergesprächen bereit zu erklären, freilich ebenfalls mit Oslo als Tagungsort, da sich hier ja das gesamte Aktenmaterial befinde. Zur großen Überraschung Schwedens stimmte Rußland dem norwegischen Vorschlag zu, wohl um Schweden nicht die gesamte Initiative zu überlassen. Nach Äußerungen des Legationssekretärs der k. u. k. Gesandtschaft in Stockholm, Anton Kiss, befand sich die Politik Taubes „in einer Sackgasse, aus welcher ein Entrinnen sehr schwierig sein dürfte“. Denn dadurch, daß Norwegen und Rußland Dreiergespräche akzeptiert hätten, werde man dies als Entgegenkommen deuten. Dagegen empfand Schweden solche Gespräche in Oslo als Demütigung, welche eine internationale Konferenz nur aufschoben und nicht aufhoben21). Die k. u. k. Gesandtschaft war am weiteren Verlauf der Dinge sehr interessiert und nahm zum norwegischen Gesandten in Stockholm, Johannes Vogt, Kontakt auf, um weiterhin auf dem laufenden zu sein. Vogt berichtete, Taube habe Stockholm als Gesprächsort vorgeschlagen, mit der Begründung, „daß eine gewisse Anzahl von Zeugen, die bei den Besprechungen einzuvernehmen wären, in Schweden ansäßig seien“. Dem norwegischen Gesandten, bisher steter Verfechter eines freundschaftlichen Kurses mit Schweden, ging dieses Prestigedenken denn doch zu weit. Er habe Taube gedroht, falls dieser auf seinem gegenwärtigen Standpunkt beharre, könnte es geschehen, „daß Norwegen ganz einfach die Spitzbergen Conferenz mit Amerika allein abhalten werde“22). Außenminister Taube, in die politische Isolation gedrängt, gab nach und ent19) Mathisen Svalbard 105-107. 20) Dumba an Aehrenthal (Bericht 10 B), 1910 April 3 Stockholm: HHStA GSt 154. 21) Anton Kiss an Aehrenthal, vertraulicher Bericht, 1910 Aprü 24 Stockholm: HHStA GSt 154. 22) Ebenda.