Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

WANNER, Gerhard: Die Spitzbergenfrage zwischen 1908 und 1912 und die k. u. k. Gesandtschaft in Stockholm

DIE SPITZBERGENFRAGE ZWISCHEN 1908 und 1912 UND DIE K. U. K. GESANDTSCHAFT IN STOCKHOLM Von Gerhard Wanner Spitzbergen oder Svalbard wurde vermutlich Ende des 12. Jahrhunderts von Wikingern entdeckt. Die Inselgruppe geriet jedoch in Vergessenheit und wurde erst wieder 1596 von einer holländischen Expedition ausfindig ge­macht, worauf in den Küstengewässem ein intensiver Walfang verschiedener Staaten einsetzte. Ständige Siedlungen gab es jedoch nicht, und das Land der „kühlen Küste“ war daher auch terra nuhius, herrenlos. Durch die Er­eignisse der Napoleonischen Kriege und den raschen Rückgang der Wal- und Robbenbestände verloren auch die wirtschaftlich am stärksten engagierten Norweger und Russen das Interesse an Spitzbergen1). Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen die Inseln wieder, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Es waren vor allem die Schweden, welche nach 1858 mit ihren zahlreichen Expeditionen auf Mineral- und Koh­levorkommen hinwiesen und eine unbestrittene Führungsrolle bei der wis­senschaftlichen Durchdringung des Archipels einnahmen2). Andererseits ge­hörten die Inseln geographisch zu Norwegen, welches mit Schweden eine Union bildete. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn beide Länder bereits im 19. Jahrhundert den Wunsch äußerten, Spitzbergen solle ihrer Hoheit un­terstellt werden. Diese Pläne scheiterten jedoch am russischen Widerstand3). Das Jahr 1905 leitete eine neue Periode in der Geschichte Spitzbergens ein: Norwegen löste sich von Schweden, und es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis das nun unabhängige Königreich Norwegen eine Klärung der Ver­hältnisse auf den Inseln anstrebte. Dazu kam, daß 1905 mit der Kohleförde­rung durch eine englische Firma begonnen wurde und auch die Amerikaner Schürfrechte erwarben. Da die Bergbaugesellschaften nur norwegische Ar­’) Anton Hantschel Weltgeschehen am Rande des Polarmeeres. Spitzbergen in der Weltpolitik (Würzburg 1964) 10, 32, 53, 54. - Der Verfasser des folgenden Beitra­ges arbeitet zur Zeit an einer Habilitationsschrift Die österreichisch-ungarische Ge­sandtschaft in Stockholm und ihre Beziehungen zu Schweden während des Ersten Weltkrieges, die am Rande auch die Spitzbergenfrage berührt. Die nachstehenden Ausführungen stützen sich - unter bewußter Ausklammerung der Überlieferung im Politischen Archiv (vor allem XXV 2: Liasse Spitzbergen-Frage 1906-1914) - auf die Konzepte aus dem Gesandtschaftsarchiv Stockholm. 2) Gerard De Geer Spetsbergen och Svenskarna in Det Nye Nord (Kopenhagen, 1919 Oktober 22) 8691 3) Hantschel Weltgeschehen 65.

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