Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

die Grundherren haben Rechte und Pflichten, die der Unterhalt einer Pfarre (Kirche?) mit sich brachte, wahrgenommen. Wolf hat nun in seiner eingangs zitierten Abhandlung zwar eine grundherrliche Gründung nicht ausgeschlos­sen, aber primär eine einheitliche Gründung aller dreizehn Kirchen ange­nommen63). Da kein Grundherr über so ausgedehnten Besitz verfügte — auch die Vohburger nicht, die in Wolfs Überlegungen eine zentrale Rolle spielen -, mußte wohl der König, Heinrich III., die Pfarren haben errichten lassen64). Später seien Angehörige des bayerischen Adels mit ihnen belehnt worden, - Wolf denkt an den Grafen Walter von Kling und vor allem an die Vohburger, die die Babenberger kurz vor 1113 oder 1133 in toto beerbt hätten65). Ich ge­stehe, daß mir diese Konstruktion die Realität eher gewaltsam zu verschlei­ern als zu beschreiben oder zu erklären scheint. Ein weiterer Beweis für die Behauptung der Einheit der Pfarren seit der Mitte des 11. Jahrhunderts liegt für Wolf in einer Feststellung Thomas Ebendorfers (t 1464), der nach mehre­ren mehr oder minder fabelhaften Erzählungen über die Pfarre Nieder­hollabrunn erläutert: „Que et inter XII ecclesias parrochiales, que hodie Zwelfferin vocantur, de iure patro­natus principis Austrie extitit atque in eisdem omnes decimas vinorum et bladorum suscepit, quosque pius marchio Leopoldus fundator Newnburgensis easdem informatus eisdem restituit sue fundacioni inibi Newnburgense suas decimas reservans, prout la­Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf 19 63) Wolf Klosterneuburg 101 f. 64) Hier spielt auch die Überlegung mit herein, daß ja Heinrich 1051 in Hainburg (= Deutsch-Altenburg; vgl. Ernst Klebel Altenburg und Hainburg in MIÖG 47 [1933] 57-64) 1051 eine Propstei gestiftet und neben umfangreichem Besitz auch mit dem Ze­hent zwischen Fischa und Leitha, der March und einer Linie von der Fischamündung bis Tracht/Mähren ausgestattet hatte (DH III nn. 276, 277). Die Propstei sollte also für die Organisation der Zehenteinhebung innerhalb der neuen Ungammark zuständig sein. Diese vermutlich nicht oder nur kurz ins Leben getretene Propstei hat Anlaß zu weitreichenden Schlüssen in bezug auf die Frühgeschichte Klosterneuburgs geboten; vgl. Hermann Maschek Kaiser Heinrich IV. und die Gründung des Chorherrenstiftes Klosterneuburg in MIÖG 47 (1933) 186-211. 1058 ließ sich die Kaiserwitwe Agnes durch ihren Sohn die Marienkirche von Hamburg übertragen: DH IV n. 44; Mitis Studien 177ff, Wolf Klosterneuburg 104 und Lechner Babenberger 80 mit 328 Anm. 100-101 halten in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts die Cham-Vohburger für deren Inhaber, doch ist m. E. der Sachverhalt nicht eindeutig geklärt. Den Zehent, den die Vohburger und ihre Gefolgsleute zwischen Fischa und Leitha einhoben, muß­ten sie anläßlich der Gründung Göttweigs diesem Kloster überlassen. 65) Wolf Klosterneuburg 88ff, 86f. Auf die Problematik der Existenz und Ge­schichte eines Grafen Walter von Kling, von dem im Klosterneuburger Nekrolog ge­schrieben wird „cuius fuit fundus iste“ (MG Neer. 5 39), und des letzten Vohburgers, des Bischofs Hermann von Augsburg (f 1133), der anläßlich seiner Teünahme an dem Ungarnzug Heinrichs V. 1108 Eigenleute vorgefunden und an den Klosterneuburger Marienaltar geschenkt hatte (FRA 2/4 n. 116) kann hier nicht weiter eingegangen wer­den. Wolf nimmt als spätestes Todesjahr des Grafen Walter 1113 an, weil zu diesem Zeitpunkt umfangreiche Gütertransaktionen von Seiten des Markgrafen in und an Klosterneuburg einsetzen; vgl. dazu auch Dienst Babenberger-Studien 149ff; Lech­ner Babenberger 123 f. 2

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