Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

16 Heide Dienst Auch die dreizehn Pfarren unserer Urkunde sind in besonderer Weise mit dem Stift Klosterneuburg in Zusammenhang gebracht worden. Nach jahr­zehntelanger Beschäftigung mit dem Thema legte Hans Wolf 1955 seine Er­läuterungen zur Kirchenkarte des Historischen Atlasses der österreichischen Alpenländer vor. Sein Hauptanliegen war die Rekonstruktion der Genesis des niederösterreichischen Pfarmetzes, - eine angesichts der Fülle des Mate­rials und des Fehlens eindeutiger Quellenaussagen in entscheidenden Fragen und des fast völligen Mangels von wissenschaftlich tragfähigen Vorarbeiten ungeheure Arbeitsleistung! Um die Überlieferung besser in den Griff zu be­kommen, ordnete er je nach den verschiedenen Quellen die 73 von ihm als „Mutterpfarren“ bezeichneten Pfarren nach ihrer Herkunft, nach ihrem Gründer oder besser nach dem Erbauer der Kirche, die zur Pfarrkirche wur­de. Er unterschied daher zwischen passauischen Gründungen, landesfürstli­chen Pfarren und sonstigen grundherrlichen Gründungen51). Zu den landesfürstlichen Gruppen zählte er neben den fünf 1113 an Melk gekommenen Pfarren und Hainburg/Deutsch-Altenburg, Drösing, Propstdorf, Stillfried und Unterwaltersdorf die dreizehn Pfarren des Greifensteiner Ze­hentvergleiches. Diese als Arbeitsinstrument brauchbare Gliederung nach Überlieferungsgruppen gewann allmählich Eigenleben und eigene gemein­same Vergangenheit, wurde als ursprüngliche Einheit charakterisiert. Was die Bezeichnung „landesfürstlich“ betrifft, so wurde die ganze Gruppe mit der Anmerkung versehen: „Pfarren erst im 12. Jahrhundert an die Landes­fürsten gefallen, also keine babenbergischen Gründungen.“ Etwas ist den 1113 an Melk übergebenen und den 1135 erwähnten Pfarren gemeinsam: Sie liegen alle im Wienerwald bzw. an seinem Ostabhang (Al- land, Traiskirchen, Mödling, Neuburg)52) oder - in der überwiegenden Mehr­zahl - nördlich der Donau53). Die Karte im Anhang veranschaulicht diesen 51) Wolf Erläuterungen 449. s2) Über Traiskirchen vgl. Lechner Beiträge 116, über Mödling zuletzt grundle­gend und übersichtlich Wolfgang Hilger Mödling und Melk. Zur Geschichte der Pfarre Mödling in der Babenbergerzeit in JbLkNÖ NF 42 (1976, Babenberger-For­schungen) 129-151 (bes. 129-135) mit Abdruck zweier sehr aufschlußreicher Papstur­kunden von 1231 bzw. 1232, betreffend Presentations- und Zehentrechte in Mödling bzw. Traiskirchen, die Melk vorenthalten werden. Alland, allem Anschein nach eine babenbergische Gründung auf dem Gebiet der Königsschenkung von 1002 (DH II 22, BUB 4/1 n. 556; dazu Lechner Beiträge 113f), wird zum erstenmal erwähnt in einer Tradition Markgraf Leopolds vermutlich aus den zwanziger Jahren des Í2. Jahrhun­derts, der den Adelhart von Alland mit seiner Familie an Klosterneuburg gab (FRA 2/4 n. 15); von einer Kirche/Pfarre ist erst 1135 die Rede. Über Neuburg vgl. unten S. 27 f. 53) Zu Pölla, Gars und Meisling vgl. unten S. 22, 31 f, 23, zu den 13 Pfarren allge­mein Wolf Erläuterungen 98ff (Klosterneuburg, Patrozinium St. Martin), 231 ff (Meis­ling St. Stephan), 238 ff (Altpölla Maria Himmelfahrt), 266 f (Weitersfeld St. Martin), 336f (Niederhollabrunn St. Laurenz), 339ff (Großrußbach St. Valentin), 344ff (Oberleis St. Mauritius), 349f (Mistelbach St. Martin), 360ff (Falkenstein St. Jacobus maior), 369ff (Eggendorf i. Thale St. Afra), 379ff (Pulkau St. Michael), 405ff (Alland St. Ge­org); zu Wullersdorf Wolf Erläuterungen 373f (Patrozinium St. Georg), Lechner

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