Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf 15 gemacht hat47). Seit dem Frühsommer 1195 war dort Dietrich Purger Propst, der in der Folge eine sehr energische Pfarrpolitik betrieben hat. So fügt sich das Pfarr-Zugeständnis sehr gut in die Aktivitäten des Propstes und seines Kapitels. Als Legitimation für sein Vorgehen könnte Dietrich die allgemein gehaltene Vollmacht des Legaten erbeten haben. Der Propst scheint sich auch des Wohlwollens des zuständigen Diözesanbischofs versichert zu haben, sicherlich dann, als dieser gegen die Wiener Bistumspläne Herzog Leo­polds VI. opponierte. Es ist jedoch der Verdacht nicht von der Hand zu wei­sen, daß die „Pfarrurkunde“ nach dem Vorbild der ausführlicheren Legaten­urkunde in Klosterneuburg gefälscht worden ist48). Die Verleihung der Pon- tifikalien fügt sich gut in diese Zeit und in das gesteigerte Ansehen des Stif­tes. Es ist immerhin auffallend, daß Ankunft und Aufenthalt des Legaten in Klosterneuburg keinen Niederschlag in den Annalen gefunden hat, doch sind zu diesem Zeitpunkt die Eintragungen in den Annalen dürftig und bieten nichts Eigenes, scheinen also nicht gleichzeitig geführt worden zu sein. Ab­gesehen von der allerdings wenig wahrscheinlichen Möglichkeit, daß der Propst den Legaten auf einer anderen Station seiner Reise getroffen hat, scheint damals in Klosterneuburg die ganze Aufmerksamkeit durch den be­vorstehenden Kreuzzug in Anspruch genommen gewesen zu sein, auf dem der österreichische Herzog Friedrich schließlich den Tod gefunden hat49). Ver­mutlich hat der Kardinallegat die letzten Vorbereitungen miterlebt; vielleicht galt seine Legation primär der Sicherung des Kreuzzuges. Klosterneuburg war mehr als sonst durch wirtschaftlich-organisatorische Maßnahmen bean­sprucht: Anläßlich der Kreuzfahrt kamen viele Schenkungen zum Seelenheil an das Stift; zum Teil aber dienten die Immobiliengeschäfte auch dazu, die Krieger mit Bargeld zu versorgen und ihre Frauen für die Dauer ihrer Abwe­senheit im Stift unterzubringen50). 47) Ebenda 55 ff. Laut Maleczek, der unsere Urkunden nicht kannte, überquerte Pe­trus „auf einem uns unbekannten Weg . . . die Alpen“. Die hiemit neu dem Petrus zu­geordneten Stücke wird Maleczek im Anhang zur Druckausgabe seiner Arbeit unter die Regesten bzw. Editionen aufnehmen. Eine eingehende paläographische Untersu­chung und eine Erörterung des Inhaltes der beiden Urkunden in kirchen- und landes­geschichtlichem Zusammenhang ist einer späteren Arbeit Vorbehalten. 48) Vgl. Rill Pröpste 16, 35, 43f; über den Bistumsplan vgl. auch Herta Hagene- der Die Beziehungen der Babenberger zur Kurie in der ersten Hälfte des 13. Jahrhun­derts in MIÖG 75 (1967) 2f. 49) SS 9 620 ad a. 1197: „. .. Expeditio tertia Ierosolimam. Chunradus Moguntinus archiepiscopus profectus est Ierosolimam circa nativitatem Domini. Eodem anno Wolfkerus Pataviensis episcopus et dux Austrie Fridericus et alii plures Ierosolimam profecti sunt“; ad a. 1198: „Fridericus dux Austrie peregre moritur . . .“; zur Sache Lechner Babenberger 193. Es scheint, daß man ganz allgemein den Aufenthalt eines päpstlichen Legaten nicht für ein tragenswert gehalten hat: Auch die Anwesenheit des Zisterzienserkardinals Konrad von Porto 1225 fand keine Erwähnung. 50) Vgl. Heide Dienst Gab es im Österreich der Babenbergerzeit Geld- und Kre­ditgeschäfte? in Österreichisches Bank-Archiv 24 (1976) 25ff und dsbe Dominus vir. Von der Herzogin-Markgräfin Agnes und anderen adeligen Frauen des hohen Mittelal­ters in Das ewige Klischee (Wien-Köln-Graz 1981) 35 f mit Anm. 46.

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