Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)

DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites

Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf 13 den Markgrafen Leopold. Sollte die Wendung „bona principia meliori exitu prosequi studeas“ mehr als eine allgemeine Formel sein, sollte sie auf die Re­form Klosterneuburgs gemünzt sein, das eineinhalb Jahre vorher in ein Re- gularkanonikatstift umgewandelt worden war40)? Treibende Kraft dabei war Erzbischof Konrad von Salzburg; er hat auch die päpstliche Unterschutzstel­lung vermittelt41). Offenbar durch den Tod des Markgrafen am 15. November 1136 veranlaßt, stellte Innozenz am 30. November 1137 dem jungen Stift ein umfangreiches Privileg aus; in der allgemeinen Besitzbestätigung wird aus­drücklich auf die Klostemeuburger Zehente hingewiesen („nominatim deci­mas adiacentis parrochiae Niuwenburch a fratre nostro Reimaro Pataviensi episcopo canonice transmutatas presentis scripti pagina roboramus“)42). Fer­ner wird, wie auch in der Melker Urkunde, neben der Unterstellung unter den päpstlichen Schutz die alleinige Vogtei der babenbergischen Familie festgelegt. Es scheint also, daß der Diözesanbischof die Kontrolle über die Pfarren seines Sprengels unbedingt behalten wollte, die ihm vermutlich durch die Inkorporation in ein nicht dem Bistum direkt unterstehendes Klo­ster oder Stift zu entgleiten drohte. Allem Anschein nach hat sich nun die Gegenseite, in unserem Fall der Mark­graf und die geistlichen Kommunitäten, die sich seiner besonderen Förde­rung erfreuten, gewehrt: durch stärkere Beziehungen zum Metropoliten, von dem man auch effizientere Reformen erwarten mochte, und durch die Über­tragung des Klosters bzw. Stiftes an den Papst. Offenbar war diese kostspie­lige Sache - neben den Kosten für die Beschaffung des Privilegs war auch eine „Schutzgebühr“ von einem „bizantius“, also einer Goldmünze, jährlich zu entrichten - immer noch ökonomischer als ein ständiges Nachgeben in be­zug auf die finanziellen Forderungen des Diözesanbischofs. Dazu kommt noch der Umstand, daß Einkünfte aus Pfarrzehenten von einem dem Pfarr- sprengel näher als die Bischofsstadt gelegenen Stift leichter verwaltet wer­den konnten; deshalb ließ sich der Bischof diese Einkünfte nicht selten durch Liegenschaften in der Nähe bereits bestehenden Besitzes abgelten. 40) BUB 4/1 nn. 672, 673; A. Brackmann Germania Pontificia 1 (Berolini 1911) 248 n. 1. 41) BUB 4/1 n. 673: „. . . per venerabüem fratrem nostrum Conradum Salzburgen- sem archiepiscopum et latorem presentium Ol(framum) fidelem tuum . . .“. In einer Aufzeichnung des 12. Jahrhunderts über die Frühgeschichte Klosterneuburgs findet sich dazu die Bemerkung: „In qua tradicione venerabilis princeps episcopis, clero et populo notificavit, quod locum predictum cum possessionibus suis sancto Petro et beato apostolico Innocencio ipse obtuerat per manum Wolframmi nobilis viri de PŰ- benchirchen; quo legato in Pysensem synodum veniente et coram episcopis LVI dele­gata delegante beatus apostolicus ecclesiam in liberam defensionem suscepit“ (FRA 2/28 106 n. 1); über die Tendenz der päpstlichen Unterschutzstellungen Classen Ger- hoch 76 f. 42) Ed. Maximüian Fischer Merkwürdigere Schicksale des Stiftes und der Stadt Klosterneuburg, aus Urkunden gezogen 2 (Wien 1815) n. 8, danach Ferdinand Schön­steiner Die kirchlichen Freiheitsbriefe des Stiftes Klosterneuburg (Jahrbuch des Stif­tes Klosterneuburg 7/2, 1915) 16 n. 4; vgl. Brackmann Germ. Pont. 1 248 n. 2.

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