Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 34. (1981)
DIENST, Heide: Niederösterreichische Pfarren im Spannungsfeld zwischen Bischof und Markgraf nach dem Ende des Investiturstreites
6 Heide Dienst das Produkt sorgfältiger, mühevoll und kenntnisreich ausgefeilter Stilisierung zu sein scheint und von einem belesenen Diktator stammen muß. Da der Stil sehr von allen vergleichbaren Urkunden und von der unmittelbaren Vorlage abweicht, was sicherlich auch durch den andersartigen Inhalt erklärbar ist, scheint der Schluß nicht allzu gewagt, in dem Stilisten niemand anderen als den Propst Hartmann zu sehen, der eine sorgfältige Bildung, vermutlich auf den Hochschulen des Westens, genossen hat14). Markgraf Leopold, der nicht Latein verstand und wohl auch nicht lesen und schreiben konnte, wird sicher sehr auf den Inhalt der Abmachungen geachtet haben, auch auf die gebührende Betonung seiner Person, seiner Familie, seines Amtes und seines segensreichen Wirkens, doch hat ihn die Gelehrsamkeit geschliffen höflicher und doch aggressiver Formulierungen vermutlich anders als den Bischof nicht besonders beeindruckt. Es ist jedenfalls anzunehmen, daß Propst Hartmann sein volles Vertrauen besessen hat. Die Wichtigkeit des Ereignisses wird auch unterstrichen durch die große Zahl edler Zeugen, die den engeren Kreis um den Markgrafen bildeten, mit den Verhältnissen bestens vertraut und durch die Abmachungen vermutlich auch in ihrem Wirkungskreis betroffen waren: die jungen Söhne des Markgrafen, Adalbert und Leopold, deren Rivalität um ihren Einfluß in der Mark damals vermutlich schon allgemein bekannt war, ferner Graf Dietrich von Formbach-Kreuzenstein, Adalram und Adalbert von Perg, die Söhne des mächtigen Vogtes Rudolf, die selbst für Passau wie für den Babenberger mitunter als Vögte auftraten, die mit ihnen versippten Brüder Otto und Wal- chun von Machland, Dietrich von Ollersbach, mit dem Formbacher versippt, Chadolt von Zogelsdorf, verwandt mit dem Markgrafen, Konrad von Sindel- burg, Hadmar von Kuffem, Konrad von Würmla, Ulrich von Wolf stein, Wal- chun von Griesbach, Wolfher von Tegernbach, Heinrich von Hausruck, Rudolf von Piesenberg, Hermann von Katzelsdorf, Chalhoch von Kirchberg, Dietrich von Aschbach, Rüdiger von (Ober)Grünbach und Ministerialen der Passauer Kirchels). In Mautem waren von den hier Genannten bereits anwetum patris eorum approbantibus, remisit et remittendo . . ., sanctorum institutiones patrum infirmando et iudicia eorum retractando . .., cleri sui caritatem . . . monuit, rogavit, obsecravit . . . pro tam honesto tanti viri facto et pro tanto ecclesie sue honore et utilitate .. ., accomodare et accomodando . . . pie sollicitudini et discrete providentie . .., pro deo et secundum deum . . .“. 14) Um 1090 in Polling bei Passau geboren, in jugendlichem Alter zur Erziehung dem Stift St. Nikola übergeben, hat Hartmann in aller Stüle 20 Jahre in dem Stift verbracht. Wenn man die Wirrnisse im Bistum seit 1111 in Rechnung stellt, scheint es durchaus möglich, wenn auch unbeweisbar, daß eine Studienzeit in anderen Klöstern der Reform oder an einer französischen oder italienischen Hochschule in diese bewegten Jahre fiel. Andererseits wissen wir sehr wenig über St. Nikola und etwaige hervorragende Persönlichkeiten, die dort gelehrt haben. Vgl. Anselm Sparber Leben und Wirken des seligen Hartmann, Bischofs von Brixen (1140-1164) (Wien 1957) 15-19 bzw. Gerhard Rill Die Pröpste des Stiftes Klosterneuburg von der Gründung bis zum Ende des 14. Jahrhunderts in Jahrbuch d. Stiftes Klosterneuburg NF 1 (1961) 13 ff, 331 ls) Es scheint sich zum Teü dabei um Personen zu handeln, die sowohl zum Bischof als auch zum Markgrafen in Beziehung standen. Besonders Graf Dietrich von Form-